Hamburg/Langenhagen. Für Radfahrer besteht in Deutschland zwar keine Helmpflicht, doch Experten raten Radlern trotzdem dazu, den Kopf mit einem Helm vor schweren Verletzungen zu schützen. Ein Gericht gab nun einer Radfahrerin Mitschuld an ihren Kopfverletzungen, die sie sich bei einem Unfall zugezogen hatte - ohne Helm.
Ein Helm ist für Fahrradfahrer bislang keine Pflicht - sie tragen aber trotzdem besser einen, um eine Mitschuld bei einem Unfall auszuschließen. Denn laut einem Urteil können Radler ohne Helm an Verletzungen infolge eines Unfalls mitschuldig sein, selbst wenn der andere sich verkehrswidrig verhalten hat.
Und dabei geht es um viel Geld. "Gerade aufgrund von Kopfverletzungen können Betroffene lebenslang invalide sein", sagte die Hamburger Verkehrsrechtsanwältin Daniela Mielchen dem dpa-Themendienst. Als Folgekosten könnten mehrere Hunderttausend Euro zusammenkommen.
Mielchen zufolge kann Fahrradfahrern, die keinen Helm tragen, eine Mitschuld an eigenen Kopfverletzungen zugesprochen werden, obwohl in Deutschland keine Pflicht zum Tragen eines Fahrradhelms besteht. "Wenn man durch sein Verhalten seinen eigenen Schaden vergrößert hat, kann man dies nicht in voller Höhe beim Gegner geltend machen", erklärte die Verkehrsrechtsanwältin.
Besonderes Verletzungsrisiko
"Man hat eine Mitschuld am Ausmaß des eigenen Schadens." Allgemein bedeutet das: Bringen sich Verkehrsteilnehmer fahrlässig in Gefahr, haften sie unter Umständen für Schäden - selbst wenn sie kein Recht gebrochen haben.
Jüngstes Beispiel dieser juristischen Sichtweise ist ein Urteil des schleswig-holsteinischen Oberlandesgerichts (Az.: 7 U 11/12). Die Richter sprachen einer Fahrradfahrerin eine Mitschuld an ihren Unfallverletzungen zu, weil sie keinen Fahrradhelm getragen hatte.
Für Radfahrer bestehe zwar keine Helmpflicht, heißt es in der Begründung, aber sie seien im täglichen Straßenverkehr einem besonderen Verletzungsrisiko ausgesetzt. Man könne davon ausgehen, "dass ein verständiger Mensch zur Vermeidung eigenen Schadens beim Radfahren einen Helm tragen wird".
Urteil ist noch nicht rechtskräftig
Neu ist diese Argumentationsweise in der Rechtsprechung nicht. Bereits 1965, als es noch keine Helmpflicht für Motorradfahrer gab, entschied der Bundesgerichtshof nach einem Motorradunfall ähnlich: Es könne davon ausgegangen werden, dass sich ein "allgemeines Verkehrsbewusstsein dahingehend ausgebildet hat, dass dem Schutzhelm größte Bedeutung zur Abwehr und Minderung von Unfallverletzungen zukommt", zitiert Mielchen die Entscheidung von damals.
In diesem Fall habe der betreffende Motorradfahrer durch eigenes Verhalten, also dem Fahren ohne Helm, den Schaden vergrößert. Erst 1976 sei die Helmpflicht für Motorradfahrer eingeführt worden, sagte Mielchen.
Im Fall der Fahrradfahrerin ist das Urteil noch nicht rechtskräftig, weil das schleswig-holsteinischen Oberlandesgericht die Revision zugelassen hat. Der Fall könnte damit vor den Bundesgerichtshof kommen. (dpa)