Valletta.. Malta liegt ganz im Süden Europas. Seit 50 Jahren ist es unabhängig. Und es hat gleich zwei sehenswerte Hauptstädte: Valletta und Mdina. Den Dom der Stadt Mosta soll die Mutter Gottes vor einer Bombe bewahrt haben. Frances de Piro gibt Einblicke in die maltesische Geschichte.

Frances de Piro ist die Frau eines Ritters. Ihr Mann, Maquis de Piro, ist Mitglied des Malteser-Ordens. In der Republic Street in Maltas Hauptstadt Valletta gehört den beiden ein ansehnliches Haus, das Frances de Piro in vorbildlichem Oxford-English "Palace" nennt. Die Casa Rocca Piccola ist mit mehr als 50 Zimmern und einem hübschen Innenhof, in dem Orangenbäume wachsen, tatsächlich ein veritabler Palazzo: Hier lebten traditionell Leute, die etwas zu sagen hatten, der Namensgeber Don Pietro la Rocca etwa, Admiral der maltesischen Flotte.

Gemessenen Schrittes steigt die resolute Hausherrin die Treppe in den ersten Stock hinauf und plaudert dabei über die Geschichte des Hauses, die immerhin 400 Jahre zurückreicht. Im Besitz der Familie ist die Casa Rocca Piccola noch nicht ganz so lange, obwohl die Vorfahren ihres Mannes zu den Rittern gehörten, die 1530 nach Malta kamen, als der Johanniterorden Rhodos räumen musste. Sie gehörten also zu den Pionieren, die Valletta aufgebaut haben - maltesischer Uradel gewissermaßen.

Papagei Kiku kreischt in der Bibliothek

In der Bibliothek sind die Regale bis auf den letzten Zentimeter voller Bücher. Zu der etwas ungewöhnlichen Einrichtung gehören eine Sänfte, eine Sammlung mit Schachfiguren und eine mit Riechdosen aus dem 18. Jahrhundert. Dazu kommt ein großer Käfig mit einem Papagei namens Kiku, der genervt kreischt, wenn man ihm zu nahe kommt - manchmal so ohrenbetäubend, dass erschrockene Besucher am liebsten genauso genervt zurückkreischen möchten. Er hat allerdings auch seine Fans: auf einem eigenen Twitter-Account.

Ordensritter, die in einem Palazzo wohnen? Akzentfreies Englisch in Breitengraden, wo Orangenbäume blühen? Ein Hauch von englischer Upper Class mit einem Faible für Riechdosen und kreischende Papageien? Das passt alles nicht so ganz zusammen und irgendwie doch zu Malta. Denn das kleine Land, in dem lange die Johanniter regierten, bevor die Briten kamen und 164 Jahre lang blieben, macht viele Kombinationen möglich, die anderswo undenkbar wären. Seit 50 Jahren ist Malta ein unabhängiger Staat, seit 10 Jahren EU-Mitglied.

Malta ist "very british"

Auf den ersten Blick ist Malta immer noch "very british": Amtssprache ist Englisch, auf den Straßen gilt Linksverkehr. In Valletta steht ein Denkmal Winston Churchills und eins für Queen Victoria. Viele rote Briefkästen und Telefonzellen sehen noch so aus wie in England in der guten alten Zeit, als Queen Elizabeth II. noch jung war.

Aber spätestens auf den zweiten Blick ist Malta doch ganz anders: Nicht jeder Malteser spricht perfekt Englisch. Malti, die zweite Landessprache, ist eng mit dem Arabischen verwandt. Die nächstgelegene Hauptstadt ist nicht London, sondern Tunis.

Tourismus verschlimmert Wassermangel auf Malta

Und während in England schlechtes Wetter und Dauerregen quasi zum nationalen Selbstverständnis gehören, könnte Malta etwas mehr davon gut gebrauchen: Im Sommer regnet es oft so gut wie gar nicht. Die Wasserversorgung ist ein Riesenproblem. Jeder Tourist, der auf die Insel kommt, vergrößert das Problem noch - und es sind pro Jahr gut eine Million Gäste bei nur rund 420 000 Einwohnern. Auf den Tourismus könnte Malta aber nur schwer verzichten: ein Dilemma.

Andersherum wäre es für die steigende Zahl der Besucher keine schöne Sache, sich den Urlaub in dem kleinen Inselstaat zu verkneifen. Denn Malta hat einiges zu bieten. Großartige Sandstrände gibt es zwar nicht. Aber zu sehen viel, schon in der Hauptstadt.

Unesco-Weltkulturerbe

Valletta - europäische Kulturhauptstadt 2018 - zählt zum Unesco-Weltkulturerbe und ist berühmt für seine vielen prachtvollen Barockbauten. Der Kastilienpalast aus dem 16. Jahrhundert gehört dazu, der jetzige Regierungssitz. Geld spielte auch beim Bau der St. John's Cathedral keine Rolle, Maltas Prachtbau schlechthin.

Wer die Kirche betritt, ist geradezu geblendet von dem vielen Gold. Für die Johanniter war die Kirche enorm wichtig. Allein rund 400 Ritter sind in ihr begraben worden - ihre Grabplatten im Boden sind aus buntem Marmor.

Malta ist eines der südlichsten Länder Europas und das katholischste - noch vor dem Vatikan, wie manche behaupten. Rund 98 Prozent der Malteser gehören der römisch-katholischen Kirche an - und für junge Erwachsene ist es nach wie vor üblich, erst zusammenzuziehen, wenn sie verheiratet sind. Kirchen gibt es an jeder Straßenecke.

Das gilt auch für den Dom von Mosta, der bei Gläubigen so beliebt ist wie bei Touristen. Die ungewöhnliche Architektur der runden Kirche mit ihrer klassizistischen Fassade und zwei Glockentürmen links und rechts trägt sicher dazu bei.

Bronzeplatte erinnert an Bombenanschlag

Am 9. April 1942 durchschlug eine Bombe das Dach der Kirche, beschädigte die Kuppel, fiel ins Kircheninnere und schlitterte über den Kirchenboden. Aber sie explodierte nicht, und der Dom blieb so gut wie unversehrt. Für die Gläubigen Maltas war es die Mutter Gottes, die ihre schützende Hand über die Kirche hielt: das "Wunder von Mosta". Denn wäre die Bombe mit ihren 200 Kilogramm Sprengstoff hochgegangen, hätte der Dom das sicher nicht überstanden. Seit 1992 erinnert eine Bronzeplatte an den Tag des Bombenangriffs durch die deutsche Luftwaffe. Die Bombe, die in der Kirche zu sehen ist, ist allerdings nur ein Replikat.

Eine ganz besondere Atmosphäre hat Mdina, die alte Hauptstadt aus der Zeit, bevor die Johanniter nach Malta kamen und Valletta gründeten. Mdina ist ganz anders, kleiner und überschaubarer. Viele der Gebäude hier stammen noch aus dem Mittelalter. Der Palazzo Falson mit seinem Bogenportal war einmal eine Synagoge und beherbergt heute ein Museum. Die Kathedrale Peter und Paul gibt sich neobarock, der Erzbischofspalast steht gleich daneben.

Mdina hat immer noch den Beinamen die "stille Stadt". Aber der ist zu schön, um wahr zu sein. Denn längst fluten Touristen selbst die ruhigsten Gassen. Auch manchen der nicht einmal 400 Einwohner der Stadt geht das bereits auf die Nerven: Der Hinweis auf kleinen Schildern an manchen Häusern "Please respect the residents" - Bitte nehmt Rücksicht auf die Bewohner - dürfte oft genug ein frommer Wunsch bleiben. (dpa)