Paris. Frankreich-Urlauber, die mit dem Auto reisen, müssen sich auf eine neue Regelung einstellen: Alle Autofahrer in Frankreich müssen demnächst einen Alkoholtest dabei haben. Hintergrund ist die hohe Zahl tödlicher Verkehrsunfälle in Frankreich, die von betrunkenen Fahrern verursacht werden.
Die Liste der tragischen Verkehrsunfälle, die von betrunkenen Autofahrern in Frankreich verursacht wurden, ist lang. Erst im März starb eine vierköpfige Familie, als ein junger Mann mit mehr als 1,2 Promille Alkohol im Blut in ihr Auto raste. Um zu verhindern, dass Autofahrer sich künftig betrunken ans Steuer setzen, ist ab Sonntag in Frankreich ein Alkoholtest Pflicht. Auch Touristen, die in der Provence oder an der Côte d'Azur Urlaub machen, müssen eine kleine Plastiktüte mit Blasröhrchen bereithalten.
"Der Test im Handschuhfach erinnert ständig an das Risiko Alkohol und trägt zur Sensibilisierung der Autofahrer bei", sagt der Vorsitzende des französischen Automobil-Clubs, Didier Bollecker. Allerdings will die Regierung, dass der Test nicht nur im Handschuhfach liegt, sondern auch benutzt wird.
"Wenn man mit Freunden weggeht, sollte es zur Normalität werden, sich hinterher zu testen", sagt der frühere Regierungsbeauftragte für Verkehrssicherheit, Jean-Luc Nevache. Der Griff zum Röhrchen solle genauso selbstverständlich werden wie beispielsweise der Griff zum Kondom. Alkohol ist die Ursache von fast einem Drittel aller tödlichen Autounfälle in Frankreich.
Damit liegt das Nachbarland deutlich vor Deutschland, wo etwa jeder zehnte tödliche Unfall auf Alkohol zurückzuführen ist. Zwei Drittel der Franzosen begrüßen die neue Maßnahme. "Ich finde, das ist eine gute Sache", sagt ein Familienvater, der täglich mit dem Auto aus der Vorstadt ins Zentrum von Paris zur Arbeit fährt.
Nicht alle halten die Alkoholtests für sinnvoll
Andere halten den Test für überflüssig, da sie sich nach eigenen Angaben nach zwei, drei Gläsern Wein ohnehin nicht mehr ans Steuer setzen. Auch die Vorsitzende der Liga gegen Gewalt im Straßenverkehr, Chantal Perrichon, lehnt die Alkotests als "nutzlos" ab. Bei vier Fünfteln der tödlichen Unfälle liege der Alkoholspiegel über 1,2 Gramm pro Liter Blut.
Die Fahrer seien damit derart betrunken, dass sie ohnehin keine Tests mehr machten. "Die einzigen, die von der Maßnahme profitieren, sind die Hersteller", kritisierte Perrichon in der Zeitung "Journal du Dimanche".
In Bars und Diskotheken liegen schon Alkoholtests aus
In französischen Bars und Diskotheken, die nach zwei Uhr nachts schließen, sind die Alkoholtests schon seit dem 1. Dezember Pflicht. Sie liegen dort am Ausgang, um die Besucher zur Prüfung ihres Alkoholspiegels aufzufordern. "Blasen Sie und Sie werden es wissen", steht auf den dazugehörenden Infoblättern.
Rund 1,50 Euro kostet ein Einmaltest, der in Apotheken und Supermärkten sowie an Tankstellen verkauft wird. Für ausgefeiltere elektronische Geräte müssen gut 100 Euro bezahlt werden.
Tests müssen französischer Norm entsprechen
Die französische Polizei erkennt nur die Tests an, die die Buchstaben "NF" für die französische Norm tragen. Ein Bußgeld für alle, die noch keinen Test dabeihaben, ist allerdings erst ab November fällig. Damit haben auch Touristen aus Deutschland, wo der Test nach französischer Norm laut ADAC ab Herbst verkauft wird, noch eine Schonfrist.
Der ADAC ist ohnehin nicht überzeugt von den Einmal-Röhrchen: "Die Genauigkeit lässt zu wünschen übrig", sagt Sprecherin Katharina Bauer, nachdem der Automobilclub die Produkte getestet hat.
Zweifel an der Genauigkeit der Tests
Auch in Frankreich rechnen Anwälte mit juristischen Streitigkeiten rund um den wenig genauen Einmaltest. Sogar Staatschef François Hollande meldete noch als Präsidentschaftskandidat im April Zweifel an den Röhrchen an, "die die Autofahrer in die Irre zu führen drohen". Genauer als die Einmaltests sind laut ADAC die elektronischen Geräte.
Doch in Deutschland ist auch diese Technik laut Automobilclub nicht nötig. "Hier besteht dafür kein Bedarf", betont Bauer. "Die Verkehrsteilnehmer können in Eigenverantwortung einschätzen, ob sie fahren können." (AFP)