Bogotá. 3,5 Millionen Touristen 2016 - seitdem Kolumbien auf dem Weg zum Frieden ist, wird dieses Land des “Realismo mágico“ als Reiseziel attraktiver.
Das waren noch andere Zeiten, als plötzlich dieser schwer bewaffnete Paramilitär stand und pro Person zehn US-Dollar abkassierte. "Wir passen auf, dass Euch die Guerilla keinen Ärger macht", so die Begründung. Auf den vier Tagen Wanderung durch den Dschungel, im Bergregenwald der Sierra Nevada de Santa Marta, über Hängebrücken und an klapprigen Seilen über Flüsse schwebend, kam man auch an Dutzenden Kokainküchen vorbei. Kolumbien vor zehn Jahren.
Die Route zur Ciudad Perdida, der "verlorenen Stadt" ist auch ohne Paramilitärs und Farc- oder ELN-Guerilla ein Abenteuer, aber heute ein weit risikoärmeres. Sie gilt nach der Inka-Stadt Machu Picchu in Peru als größte bekannte vorkoloniale Kultstätte in ganz Südamerika.
Guerilleros organisieren Übergang in ein normales Leben
Die Wanderung mit Übernachtung in Hängematten ist ein Naturerlebnis, der Weg das Ziel. Aber jahrelang wurden reihenweise Rucksacktouristen entführt, 2003 zum Beispiel acht Urlauber aus Europa und Israel. 2000 Soldaten und Polizisten suchten sie, einige waren monatelang in der Gewalt der ELN-Guerilla, die sich über Lösegeld finanzierte. Die nach über 70 Tagen befreite Deutsche Reinhilt Weigel musste selbst für die Kosten aufkommen, wie ein Gericht entschied, dabei ging es um 12.600 Euro für einen Hubschrauberflug - weil das Risiko eben bekannt war.
Anno 2017 gibt es einen Friedensvertrag mit der Farc-Guerilla, die knapp 7000 Guerilleros sind in 26 Zonen, wo sie bis Ende Mai die Waffen abgeben und den Übergang in ein normales Leben organisieren, mit der marxistischen ELN-Guerilla laufen Friedensverhandlungen. Der Konflikt hat das niedrigste Gewaltniveau seit dem Beginn vor 52 Jahren erreicht, auch wenn etwa frühere Paramilitärs, die ab 2006 die Waffen niederlegten, heute wieder in kriminellen Banden mitmischen.
Kolumbien ist "eine der guten Nachrichten"
Nach einer Wanderung zur Ciudad Perdida lockt die Karibikküste, der Parque Tairona mit romantischen Hütten direkt am schneeweißen Strand. Die Trauminsel San Andrés; Cartagena, die prachtvolle Kolonialstadt. Oder, einer der Momente, wo sich der "Realismo Magico" des Landes erschließt, ein Besuch in Aracataca, das nicht weit entfernt liegt.
Hier wurde Gabriel García Márquez geboren, hier liegt sein Ort Macondo, Schauplatz von Aufstieg und Fall der Familie Buendía im Roman "Hundert Jahre Einsamkeit". Hier ihn zu lesen, ist Eintauchen in die literarische Welt, überall im Ort finden sich an Wänden auch die Schmetterlinge, die ein wiederkehrendes Motiv in dem Buch sind.
Die Welt-Tourismusorganisation (UNWTO) sieht Kolumbien angesichts der weltweiten Krisen und Gewalt als "eine der guten Nachrichten". "Kolumbien wird enorm von den Friedensabkommen profitieren", sagt Generalsekretär Taleb Rifai. 2016 stieg die Zahl internationaler Touristen von drei auf rund 3,5 Millionen. Und die sonst oft geringe Hotelauslastung erreichte mit 56,2 Prozent im ganzen Land den höchsten Wert überhaupt.
Schwerpunkt auf "Natur" und "Kultur"
Nachhaltig soll der Tourismus dadurch sein, dass er gerade den vielen ländlichen Regionen zugute kommen soll, die unter dem Konflikt gelitten haben. Und durch diese Einnahmen soll der Nährboden für illegale Aktivitäten wie Drogenhandel entzogen werden. Der Aufschwung wird schon mit dem in Kuba in Sachen Tourismus verglichen - hier kamen zuletzt vier Million Touristen im Jahr.
Attraktiv sind auch die Regenwaldgebiete und Kaffeezonen sowie aufstrebende Städte wie Medellín, die eine quicklebendige Musik- und Kulturszene haben. Und sehr gutes Essen, die Drogenkartell-Zeiten versucht man vergessen zu machen. Natürlich ist es bei vielem noch ein weiter Weg, auch zu mehr Sicherheit. Aber der Tourismus ist einer der Wachstumsmotoren.
Kolumbien setzt dabei auf "Natur" und "Kultur". "Die Umwelt war ein Opfer des Konflikts. "Wir werden sie nun besser schützen mit Ökotourismus und dem Bekämpfen von illegalen Pflanzungen (Koka) und dem illegalen Bergbau", betont Kolumbiens Präsident und Friedensnobelpreisträger Juan Manuel Santos. Denn dies waren bisher die Haupteinnahmequellen in Guerillagebieten - nun soll stattdessen Tourismus hier helfen, den Frieden zu festigen. (dpa)