Essen. Das Megaprojekt “Gigaliner“ steht vor dem Aus: Für die laufende Pilotphase haben sich nur zwei Speditionsunternehmen angemeldet. Grund dafür ist wohl nicht, dass die Riesen-Lkws nicht profitabel sind. Doch die politischen Unwägbarkeiten schrecken viele Unternehmer ab.

Der Einsatz der Gigaliner sollte das Straßen-Event 2012 werden. „Im Frühjahr kann Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer den Startschuss geben“, heißt es auf der Internetseite seines Ministeriums. Doch jetzt ist die für den 5. März in München geplante Premierenfeier abgeblasen worden. Mutmaßlicher Hintergrund: Bei den Spediteuren besteht nur wenig wirkliches Interesse, die 25,25 Meter langen Riesen-Lkw zu beschaffen und im fünfjährigen Feldversuch zu testen.

Meldebeginn für den regierungsamtlichen Test auf deutschen Straßen war am 1. Januar. Gerade zwei  Fahrzeuge sind seither bei der Bundesanstalt für Straßenwesen fest gebucht worden, darunter der knallrote Zug der Allgäuer Spedition Ansorge. Mit 400 Lang-Lkw aber hatte Ramsauer offiziell gerechnet.

Gigaliner dürfen nur in sieben Bundesländern auf die Straße

Der sich abzeichnenden Flop hat weniger wirtschaftliche als vielmehr politische Gründe. Die umstrittenen Super-Laster, die ihre Gegner respektvoll „Monstertrucks“ nennen, ihre Fans wegen der angeblich guten Umweltbilanz  „Öko-Liner“ und die offiziell unter „Fahrzeuge und Fahrzeugkombinationen mit Überlänge“ firmieren, dürfen in nur sieben Bundesländern rollen, zusätzlich in Baden-Württemberg auf 130 Kilometer Autobahn im Transitverkehr.

 Das rot-grüne Nordrhein-Westfalen  sperrt sich gemeinsam mit anderen sozialdemokratisch geführten Ländern ganz gegen den Verkehr mit den überlangen Lastzügen. Der Versuch, den Test auf Bundesebene generell zu stoppen, misslang rot-grünen Landesregierungen zwar. Aber sie drohen, vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen. Denn CSU-Politiker Ramsauer hatte die Lang-Lkw trickreich per Verordnung zugelassen und nicht per Gesetz, bei dem Bundestag und Bundesrat ihr Ja hätten geben müssen. 

Die Diskussion um Gigaliner wird zum Glaubenskrieg

Die Folgen: Spediteure scheuen das Risiko. Sie haben zum einen Angst, dass Karlsruhe das Unternehmen verbietet, bevor die Fahrzeuge abgeschrieben sind. Dann blieben sie auf dem Kaufpreis sitzen. Außerdem: Die Touren, auf denen die Firmen die neuen Fahrzeuge einsetzen können, erzwingen heftiges Hakenschlagen um Landesgrenzen herum. Das kostet Zeit und Geld. Schon die Anschaffung ist eine sechsstellige Investition.

Das Für und Wider zum Einsatz der Fahrzeuge, die in den USA und in Skandinavien längst zum Straßenbild gehören, artet inzwischen in einen Glaubenskrieg aus. Passen sie in Verteilerkreise? Bleiben sie auf Bahnübergängen stecken? Ramponieren sie Brücken? Schließlich: Schaden sie der umweltfreundlichen Bahn wirtschaftlich?

ADAC und Autofahrer wollen keine Gigaliner auf den Straßen

Dabei hat sich der mächtige ADAC  sich auf die Seite der Gegner geschlagen: Ein mit 100 Stundenkilometer fahrender Pkw brauche mit 149 Metern glatte 44 Meter mehr zum Gigaliner-Überholen als bei einem vergleichbaren Manöver mit einem 16 Meter langen Normal-Lastzug. Mit dieser Sorge spricht der Autoclub einer Mehrheit der Autofahrer aus dem Herzen, die mit über 60 Prozent den Versuch ablehnen. Vor allem Frauen, so die Umfragen, sind vehement dagegen.

Das Speditionsgewerbe kämpft mit ökologischen Argumenten: Zwei Lang-Lkw könnten drei herkömmliche ersetzen. Das spare Diesel, minimiere den CO2-Ausstoß.  Den Straßen schadeten die Supertrucks nicht, denn die 44-Tonnen-Obergrenze je Fahrzeug bleibe nach deutschem Recht. Und die Fahrer werden erst nach speziellem Sicherheitstraining ans Steuer gelassen.

Der fünfjährige Test sollte aufwändig weitergehen – mit Umfragen, Begleitfahrten, wissenschaftlichen Untersuchungen durch die Bundesanstalt für Straßenwesen in Bergisch-Gladbach. Bleibt es bei den zwei angemeldeten Lastzügen, lohnt sich das kaum.