Essen. Die Kehrseite der offiziellen Erfolgsmeldungen aus dem Wissenschaftsministerium: Trotz der Rekordzahlen bei den Erstsemestern nimmt die Anfängerquote seit 2003 insgesamt ab. Nimmt man diese Zahl als Maßstab, liegt NRW bundesweit allenfalls im hinteren Mittelfeld.
Stolz ist NRW-Wissenschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) auf diese Zahl: 71 300. So viele junge Leute nahmen im Wintersemester ein Studium an einer Hochschule des Landes auf – Rekord. „Studieren in Nordrhein-Westfalen ist heute so attraktiv wie nie”, so Pinkwart.
Doch ganz so „attraktiv” scheint das Studienland NRW nicht zu sein. Denn die wichtigere Zahl, die etwas über die Studierlust junger Menschen aussagt, ist die Studienanfängerquote. Sie zeigt, wieviele der Studienberechtigten tatsächlich von einer Schule an eine Hochschule wechseln. In NRW waren es nach neuen Zahlen des Landes 36,9 Prozent. Damit liegt NRW im Bundesvergleich im hinteren Mittelfeld, räumte das Ministerium ein – trotz der Rekordzahl. Nach einer Studie des Berliner Forschungsinstituts für Bildungs- und Sozialökonomie (Fibs) bildet NRW trotz der Steigerung bei den absoluten Anfängerzahlen bei der Übergangsquote bundesweit sogar das Schlusslicht. Dieses Ergebnis könne man aber statistisch nicht nachvollziehen, erklärte das Ministerium.
Klar aber ist, dass seit 2003 die Kurven der Studienberechtigten und der Studienanfänger auseinanderdriften. Während immer mehr junge Leute die Schulen mit einer Studienberechtigung verlassen, sank die Quote der Studienanfänger. Dabei muss man aber beachten, dass in NRW mit 52,5 Prozent eines Altersjahrgangs soviele junge Menschen eine Studienberechtigung erlangen wie in wenigen anderen Bundesländern. Doch zieht es sie offensichtlich nicht in gleichem Maße an die Hochschulen.
Über die Gründe könne man nur spekulieren, sagt Fibs-Direktor Dieter Dohmen: Fehlende Studienplätze und die hohe Zahl zulassungsbeschränkter Studiengängen, könnten mitverantwortlich sein. Überdies suchen viele junge Leute oft zunächst berufliche Sicherheit in einer Ausbildung. Auch die Studiengebühren könnten ein Grund sein für eine „Flucht” in gebührenfreie Bundesländer.