Düsseldorf. Wie wurde aus dem Syrer Amad A. ein per Haftbefehl gesuchter Malier? Im Untersuchungsausschuss können sich das auch vier Zeugen nicht erklären.

Im Fall des Todes eines unschuldig inhaftierten Syrers werden die Umstände einer fatalen Verwechselung immer rätselhafter. Zwei Bundespolizisten sagten am Dienstag im Untersuchungsausschuss des Landtags aus, sie hätten den Syrer Amad A. anhand seiner Fingerabdrücke in der Datenbank INPOL problemlos identifizieren können. „Ich habe nur eine Abfrage gemacht und es hat sofort funktioniert“, sagte ein Beamter aus.

Der hellhäutige Syrer Amad A. war nach einer Festnahme am 6. Juli 2018 in Geldern am Niederrhein mit einem dunkelhäutigen Mann aus Mali verwechselt worden, den die Hamburger Polizei zur Fahndung ausgeschrieben hatte. Wochenlang saß Amad A. so unschuldig in der Justizvollzugsanstalt Kleve in Haft und kam im September bei einem vermutlich selbst gelegten Zellenbrand ums Leben.

Am frühen Morgen 4. Juli hatte ihn sowohl die Bundespolizei am Bahnhof in Düsseldorf als auch die Polizei in Krefeld zweimal als ertappten Schwarzfahrer vorübergehend mit zur Wache genommen und die Personalien festgestellt. Obwohl die Verständigung schwierig gewesen sei und die Angaben über Dokumente, die Amad A. damals bei sich führte, auseinander gingen, stellten alle vier beteiligten Polizisten im Untersuchungsausschuss klar: Eine Fahndung nach dem 26-Jährigen sei vom Polizei-System nicht angezeigt worden. Auch nicht in der NRW-eigenen Datenbank Viva. Eine Verwechselung mit dem gesuchten Afrikaner aus Hamburg konnte sich keiner der Zeugen erklären.

Amad A. wurde zwei Tage vor der fatalen Inhaftierung zweimal polizeilich kontrolliert

Wie kamen zwei Tage später die Kollegen am Niederrhein dennoch auf die Idee, der Syrer Amad A. könnte der mit Haftbefehl gesuchte Malier sein? Das Landeskriminalamt geht nach internen Recherchen davon aus, dass eine Sachbearbeiterin der Kreispolizeibehörde Siegen-Wittgenstein ausgerechnet am 4. Juli 2018 – nur wenige Stunden nach den Überprüfungen wegen des Schwarzfahrens - einen Datensatz im landeseigenen polizeilichen Auskunftssystems „Viva“ geändert und damit eine fatale Fehlerkette in Gang gesetzt habe. Die Siegener Behörde war für den Datensatz zuständig, da Amad A. als Flüchtling dort erstmals in Deutschland registriert worden war.

So soll überhaupt erst bei späteren Abfragen eine Verbindung zwischen dem gesuchten Afrikaner Amedy G. und Amad A. möglich geworden sein. Der Mann aus Mali soll den Namen Amad als Alias-Namen verwendet haben. Der im Untersuchungsausschuss befragte Krefelder Polizist schien dieser Version jedoch nicht allzu viel abgewinnen zu können. Das Viva-System werfe routinemäßig auch Personen als Treffer aus, die es nicht gewesen sein können. „Um eine Verwechselung zu vermeiden, ist immer noch der Kollege gefragt.“