Düsseldorf. Sein Zick-Zack-Kurs bei den Ermittlungen zum Cum-Ex-Steuerraub bringt Benjamin Limbach (Grüne) in Bedrängnis. Das sind seine Absichten.
Benjamin Limbach (Grüne) steht im Gegenwind. Erst wollte der NRW-Justizminister jene Abteilung, die bei der Kölner Staatsanwaltschaft für die Aufklärung des Cum-Ex-Steuerbetrugs zuständig ist, aufspalten, dann machte er plötzlich eine Rolle rückwärts. Außerdem kritisiert das Verwaltungsgericht Münster Limbachs Rolle bei der Besetzung eines Richterpostens. Im Gespräch mit Matthias Korfmann zeigt sich der 54-jährige Sohn der früheren Bundesverfassungsgerichts-Präsidentin Jutta Limbach (SPD) selbstkritisch, aber auch entschlossen, die Cum-Ex-Ermittlungen zu stärken.
Herr Minister, Sie schreiben den Obleuten im Rechtsausschuss, dass Sie die die Entscheidung, die Hauptabteilung H der Kölner Staatsanwaltschaft zu teilen, „anhalten“. Was heißt das? Ist dieser Plan jetzt vom Tisch?
Limbach: Mir geht es darum, dass wir nochmal auf null gehen. Mein Ministerium, die Staatsanwaltschaft Köln und die Generalstaatsanwaltschaft müssen jetzt prüfen, wie der Hauptabteilung H bei der Ermittlung von Cum-Ex-Fällen geholfen werden kann. Dabei darf und muss jede gute Idee auf den Tisch kommen, und ich bin bereit, zu überprüfen, ob diese Ideen besser sind als die Organisationsentscheidung, die wir zunächst getroffen haben. Abwarten ist keine Lösung. Diese Verfahren dürfen nicht verjähren.
Sie wollten der besten Cum-Ex-Ermittlerin Deutschlands, Oberstaatsanwältin Anne Brorhilker, einen zweiten Chef an die Seite stellen. Dahinter muss man eine Entmachtung vermuten.
Limbach: Es ärgert mich, dass der Eindruck entstanden ist, ich wollte die Cum-Ex-Ermittlungen ausbremsen. Das Gegenteil ist der Fall. Die Idee war, die Verwaltung der Hauptabteilung H zu entlasten. Ich bin bereit, mich kritisch zu hinterfragen, ob die Maßnahme geeignet ist, um dieses Ziel zu erreichen. Für mich ist klar: Wir müssen die Cum-Ex-Straftaten verfolgen, wir müssen diese schamlose Bereicherung, die alle Bürgerinnen und Bürger trifft, beenden und die Millionenbeträge zurückholen.
Haben Sie darüber mit Frau Brorhilker persönlich gesprochen?
Limbach: Am Mittwoch wird es im Ministerium ein Gespräch mit Frau Brorhilker, mit dem Generalstaatsanwalt und dem Leiter der Staatsanwaltschaft Köln geben.
Vor zwei Wochen haben Sie gesagt, es sei richtig, die Arbeit der Cum-Ex-Ermittler auf mehr Schultern zu verteilen. Das ermögliche eine schnellere Bearbeitung der Fälle. Gilt das plötzlich nicht mehr?
Limbach: Das Ziel ist immer noch dasselbe. Ich habe in den vergangenen Tagen mit vielen Menschen gesprochen und bin, wie gesagt, bereit, mich selbstkritisch zu hinterfragen. Wenn mir Experten widersprechen, prüfe ich, ob ich möglicherweise nicht ganz richtig liege. Als Politiker ist man immer gut beraten, sich unterschiedliche Meinungen anzuhören und sich gegebenenfalls selbst zu korrigieren.
Der Vorsitzende des Landtags-Rechtsausschusses, Werner Pfeil (FDP), nennt Sie „Minister Wendehals“. Ziehen Sie sich diesen Schuh an?
Limbach: In keinster Weise.
Ihr Amtsvorgänger Peter Biesenbach (CDU) fordert eine Aufstockung der Cum-Ex-Ermittlerstellen in Köln von 36 auf 50. Wäre das kurzfristig möglich?
Limbach: Es ist immer leicht, etwas zu fordern, wenn man selbst keine politische Verantwortung mehr trägt. Wir stehen in der Verantwortung gegenüber allen Staatsanwaltschaften im Land, Stellen gerecht zu verteilen. Zu konkreten Maßnahmen sage ich nichts, weil ich den Gesprächen am Mittwoch nicht vorgreifen möchte.
Wie dünn ist die Personaldecke in den 19 Staatsanwaltschaften in NRW?
Limbach: Es gibt einen deutlichen Mehrbedarf an Staatsanwältinnen und Staatsanwälten. An diesem Thema sind wir auch dran, aber zusätzliche Stellen müssen sich in den Haushalt einfügen und im Parlament beraten werden.
Sie werden mit Klüngelvorwürfen bei der Besetzung eines Richterpostens konfrontiert. Das Verwaltungsgericht Münster wirft Ihnen vor, ein Besetzungsverfahren zugunsten einer Duzfreundin „manipuliert“ zu haben. Wie reagieren Sie darauf?
Limbach: Ich duze die Bewerberin genauso wie den Bewerber, seit wir uns als junge Richter am Verwaltungsgericht Köln kennengelernt haben. Sie ist eine geschätzte Ex-Kollegin, nicht mehr und nicht weniger. Sie hat vor Abschluss des Besetzungsverfahrens ihr Interesse an der Stelle bekundet, sich beworben und mein Ministerium hat ein ordnungsgemäßes Besetzungsverfahren nach den Maßstäben der Bestenauslese durchgeführt, an dessen Ende das Kabinett entschieden hat, die Bewerberin zur Präsidentin des Oberverwaltungsgerichts zu ernennen. Das ist die ganze unaufgeregte Geschichte.