Essen. Raumnot an NRW-Schulen: Schon jetzt fehlen hunderte Plätze. Expertin Birgit Völxen warnt: Darum können die Folgen für Familien gravierend sein.

Kein Platz an NRW-Schulen: Hunderte neu zugewanderte Kinder warten deshalb zum Beginn der Herbstferien noch immer auf einen Schulplatz. Doch auch die Familien, die einen bekommen haben, spüren die Folgen des Platzmangels, sagt Birgit Völxen von der Landeselternschaft der Grundschulen NRW im Gespräch mit Laura Lindemann.

Frau Völxen, inwieweit fehlen Ihrer Meinung nach Schulplätze in NRW, abgesehen von den Plätzen für neu zugewanderte Kinder, die teils Monate auf einen Schulplatz warten?

Birgit Völxen: Wir haben in vielen Kommunen in NRW zu wenig Schulraum. Das liegt zum einen am Sanierungsstau, die Kommunen kommen mit dem Bauen nicht hinterher. Zum anderen steigt seit Jahren die Geburtenrate an, mehr, als man statistisch angenommen hat.

So wurden bei vielen Neubausiedlungen Kinder nicht mitgedacht. Hinzu kommt die konstant hohe Migration durch die vielen Kriege in der Welt. Und die angeworbenen Fachkräfte aus dem Ausland. Überlegen Sie mal: Die Politik wünscht deutschlandweit jährlich 400.000 neue Fachkräfte aus dem Ausland – was gut und richtig ist. Man muss dann aber auch die Kinder mitdenken, die dann jährlich neu hinzukommen werden.

Lesen Sie hier die Geschichte eines Jungen, der noch auf einen Schulplatz wartet: Warum der kleine Fahri nicht zur Schule gehen darf

Wie macht sich der Schulplatzmangel bemerkbar?

Vor allem in Großstädten wie Düsseldorf oder Köln gibt es massive Raumprobleme, die Kommunen platzen aus allen Nähten. Da gesetzlich die Schulpflicht gilt, versucht das Land mit allen Mitteln, die Kinder unterzubringen. In NRW sind die Grundschulklassen bundesweit am größten. Häufig werden Kinder übergangsweise in Containern unterrichtet, bis Schulraum neu gebaut oder saniert wird.

Birgit Völxen von der Landeselternschaft der Grundschulen in NRW.
Birgit Völxen von der Landeselternschaft der Grundschulen in NRW. © Völxen

Zudem fahren Eltern ihre Kinder oft mehrere Kilometer in andere Stadtviertel, teils sogar in andere Städte. Oder Kinder sitzen zwei Stunden im Bus und steigen dreimal um, weil es in ihrem Wohnort keinen Platz mehr gibt. Das Motto von „kurze Beine, kurze Wege“ ist in der Realität oft nicht mehr einhaltbar. Das sorgt für Frust bei Eltern und Kindern – und wirkt sich oft negativ auf die Qualität des Unterrichts aus.

Inwiefern?

Familien sind teils monatelang im Ungewissen, ob es die Grundschule in ihrer Nähe wird. Und wenn sie dann eine Absage bekommen, fühlen sich die Kinder abgelehnt. Das ist eine schlechte Voraussetzung für den Schulstart. Bei einer langen Anreise oder einer Schule mit fehlendem OGS-Platz bekommen viele Eltern Schwierigkeiten mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Und auch die pädagogische Arbeit leidet, wenn zu wenige Lehrkräfte in zu großen Klassen unterrichten müssen. Außerdem brauchen Kinder genug Raum, um sich auszuprobieren und sich auch mal zurückzuziehen. Deshalb muss das Land jetzt dringend ein umfassendes Bauprogramm aufsetzen – denn es ist auch in Zukunft mit steigenden Schülerzahlen zu rechnen.