Düsseldorf. Der Städtetag NRW schlägt Alarm: Das Land wolle das Geld für Schulassistenzen drastisch kürzen. Es drohe “große Verunsicherung“.
Die Städte in NRW warnen das Land davor, ausgerechnet bei der Inklusion an Schulen zu sparen.
„Falls das Land tatsächlich beabsichtigt, die Inklusionspauschale für die Städte radikal um 50 Millionen Euro zu kürzen, und nur zehn Millionen Euro insgesamt übrigbleiben, dann kommt das gesamte System ins Wanken“, sagte Helmut Dedy, Geschäftsführer des Städtetages NRW, dieser Redaktion. Mit Inklusion ist zum Beispiel der gemeinsame Unterricht von Kindern mit und ohne Behinderung gemeint.
Der Städtetag ist alarmiert, weil NRW-Schulministerin Dorothee Feller (CDU) bei der Vorstellung des Schuletats für das Jahr 2024 eine Kürzung von 60 auf 10 Millionen Euro angekündigt habe.
"Das wird Schulen, Kinder und Eltern verunsichern", warnt der Städtetag NRW
Mit den 50 Millionen Euro, die gestrichen werden sollen, würden vor allem Schulassistenzen für den gemeinsamen Unterricht finanziert, erklärt der Städtetag NRW. Die Kosten für diese Helferinnen und Helfer, die Lehrkräfte und Kinder unterstützen, stiegen aber rasant an. Die Städte benötigten daher mehr und nicht weniger Geld. „Für die Schulen und für die betroffenen Kinder und Eltern sind die geplanten Kürzungen ein fatales Signal, das für Verunsicherung sorgen wird“, sagte Dedy.
Die alte CDU-FDP-Landesregierung hatte die 60 Millionen Euro, die die Städte bisher jedes Jahr für die Inklusion bekommen, als „kraftvolle Unterstützung“ angepriesen. Damit sollen Kindern mit Behinderungen Assistenzen an die Seite gestellt werden. Das Geld fließt auch in die Barrierefreiheit von Räumen und in Lehrmittel.
Städte sagen, sie könnten die Kosten für die Inklusion nicht allein stemmen
Sollte das Land die Kosten für die Schulassistenzen auf die Städte „abwälzen“, müssten sie entweder bei der Inklusion sparen oder diese Ausgaben selbst stemmen. Das könnten sich die Städte aber nicht leisten.
„Das gemeinsame Lernen von Kindern mit und ohne Handicap ist noch immer keine Selbstverständlichkeit, auch wenn sich die Schulen sehr engagieren“, betonte Dedy. Der Bedarf steige stetig. Guter gemeinsamer Unterricht brauche Sonderpädagogen, geeignete Gebäude und Schulassistenzen.
NRW-Schulministerium lässt offen, ob Kürzungen drohen
Das NRW-Schulministerium beantwortet die Frage, ob Kürzungen drohen, nur allgemein mit dem Hinweis, die Inklusionspauschale müsse noch bewertet werden. Bisher sei nicht absehbar, wie viel Geld dafür benötigt werde. Die Ergebnisse würden mit den Städten besprochen.
In den „Erläuterungen zum Haushaltsentwurf 2024“, der dieser Zeitung vorliegt, steht allerdings, dass der Betrag, den die Städte für die Inklusion bekommen, ab dem kommenden Jahr um insgesamt 50 Millionen Euro geringer ausfallen soll.
Auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) ist irritiert. "In der jetzigen Situation diese Kürzungen vorzunehmen, zeigt, dass die Notwendigkeit, stärker in Bildung zu investieren, nicht gesehen wird“, sagte GEW-Landeschefin Ayla Celik.
Inklusion -- seit vielen Jahren ein Streitthema in NRW
Die Inklusion ist in NRW seit vielen Jahren umstritten. Die frühere NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) hatte das Miteinander von Kindern mit und ohne Behinderung in den Regelschulen gefordert, wurde aber dafür gescholten, die Schulen mit dieser Aufgabe zu überfordern.
Das schlechte Abschneiden der Grünen bei der Landtagswahl 2017 war auch auf die aufgeheizte Diskussion über die Inklusion an Schulen zurückzuführen. Ihre Nachfolgerin Yvonne Gebauer (FDP) versprach eine „Neuausrichtung“ der Inklusion, viele der Probleme in den Schulen blieben aber.
Die Bundesrepublik wurde Ende August in Genf einer „Staatenprüfung“ durch die Vereinten Nationen unterzogen. Deutschland hat sich dazu verpflichtet, ein inklusives Schulsystem aufzubauen, wird aber dafür kritisiert, an „Sonderstrukturen“ wie Förderschulen festzuhalten. Eltern von Kindern mit Behinderungen aus NRW protestierten in Genf für die Inklusion. Das Prüfergebnis der Uno liegt noch nicht vor.