Düsseldorf. Nach massiver Kritik aus den Rathäusern stoppen CDU und Grüne die geplante Schuldenhilfe -- und ersetzen sie durch etwas Besseres.
Teils vernichtend war in der vergangenen Woche die Experten-Kritik an der geplanten kommunalen Altschuldenlösung der Landesregierung. Jetzt zieht Schwarz-Grün die Notbremse: Das Kabinett stellt den Städten nun doch eine Entschuldung mit nennenswerter Landesbeteiligung in Aussicht. Die Altschuldenhilfe beginnt aber nicht, wie zunächst geplant, im Jahr 2024, sondern erst 2025.
NRW-Kommunalministerin Ina Scharrenbach (CDU) versuchte am Dienstag den Eindruck zu verwischen, sie sei vor dem Proteststurm, der ihr aus vielen Rathäusern entgegenwehte, zurückgewichen. Sie habe seit dem 21. Juni, als sie die geplante Altschuldenlösung des Landes vorstellte, viele Gespräche mit Vertretern der Kommunen geführt.
Die Stadtfinanzen leiden. NRW sieht die Verantwortung dafür in Berlin
Entscheidendes sei seitdem aber in Berlin geschehen: Die Bundes-Zuwendungen aus der Einkommen- und Umsatzsteuer an die Städte in NRW würden 2024 massiv um rund 600 Millionen Euro sinken. Außerdem drücke das vom Bund geplante „Wachstumschancengesetz“ die Steuererträge der Städte nach unten. Folge: Die Stadtfinanzen seien mehr denn je unter Druck.
Die Landesregierung wollte die kommunalen Altschulden ab 2024 mit dem bisherigen Anteil der Kommunen an der Grunderwerbsteuer von 460 Millionen Euro jährlich bedienen. Kritiker beklagten, dass dies nur die Umverteilung von Geld bedeute, mit dem die Städte ohnehin geplant hätten. Den Rest sollte der Bund bezahlen. Der Vorwurf, NRW mache sich einen „schlanken Fuß“, wurde lauter. SPD-Landtagsfraktionschef Jochen Ott sprach von einer „Mogelpackung“, die selbst Städte ohne hohe Verschuldung dazu zwingen würde, die Grund- und Gewerbesteuern zu erhöhen.
Sind die Städte wirklich so arm? Land schickt "Kreditprüfer" zu den Kämmerern
Auf dem Weg zu einer echten Altschuldenlösung mit Landesbeteiligung will Schwarz-Grün nun erst ermitteln, ob die Städte in NRW tatsächlich Liquiditätskredite über 21 Milliarden Euro angehäuft haben. Rückmeldungen aus den Kommunen legten nahe, dass Schulden zum Teil fälschlicherweise so deklariert worden seien, so Scharrenbach.
FDP-Landtagsfraktionschef Henning Höne bezeichnete die nun beendeten Altschulden-Pläne von Schwarz-Grün als „handwerklich schlecht gemachten Schnellschuss“. Die Städte und Gemeinden seien dagegen auf die Barrikaden gegangen und hätten jetzt „einen verdienten Sieg“ errungen. „Für die Landesregierung von Ministerpräsident Hendrik Wüst ist das eine schwere Blamage“, sagte Höne.
Landesrechnungshof: Das Land NRW hat selbst ein Schuldenproblem
Der Städtetag, der Städte- und Gemeindebund sowie der Landkreistag in NRW lobten den Kurswechsel: Die Landesregierung habe in der Altschuldenfrage „nach Jahren des Stillstands“ jetzt die Initiative ergriffen und sei bereit, gemeinsam mit den Kommunen an einer Lösung zu arbeiten.
Nicht nur die Städte, sondern auch das Land NRW plagt ein Schuldenproblem. Der Landesrechnungshof sprach am Dienstag von einer „prekären Lage“. Die Landes-Schulden seien zuletzt auf einen Rekordstand von fast 164 Milliarden Euro gestiegen.