Düsseldorf. Schwarz-Grün plant ein Milliardenpaket für arme Städte ohne frische Milliarden - jetzt gab es eine überraschend deutliche Quittung.

Die geplante kommunale Altschuldenlösung der schwarz-grünen Landesregierung ist bei Städten und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen durchgefallen. In einer Expertenanhörung des Landtags wurde am Freitag harsche Kritik an dem Modell von Kommunalministerin Ina Scharrenbach (CDU) geäußert.

„Es ist ausgesprochen schwierig und nicht fair, wenn ausgerechnet die armen Schlucker die Lösung zahlen sollen“, sagte der Hagener Kämmerer Christoph Gerbersmann, der das Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“ vertrat. Es sei „kein eigenständiger Landesbeitrag“ eingeplant.

Nur Umverteilung bisheriger kommunaler Mittel geplant

Die Landesregierung will die kommunalen Altschulden ab 2024 mit dem bisherigen Anteil der Kommunen an der Grunderwerbsteuer von 460 Millionen Euro jährlich bedienen. Somit ist weitgehend bloß eine Umverteilung von Mitteln vorgesehen, mit denen die Städte und Gemeinden ohnehin geplant hatten. Den Rest soll der Bund bezahlen, der jedoch wenig Neigung zeigt, als Co-Finanzier des zweifelhaften NRW-Konstrukts aufzutreten. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP), der selbst über keine Haushaltsspielräume verfügt, hat seine Skepsis schon vor Wochen öffentlich geäußert.

So hatte man sich in den Rathäusern die bis Ende des Jahres von Schwarz-Grün fest versprochene Altschuldenlösung nicht vorgestellt. Seit Jahren wartet man insbesondere im klammen Ruhrgebiet darauf. Andere Länder wie Niedersachsen, Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland haben längst mit Landesgeld Altschuldenhilfen entwickelt.

Sieben NRW-Städte ächzen unter 40 Prozent der Kassenkredite

Die kommunalen Spitzenverbände machten im Landtag deutlich, „dass die derzeitigen Refinanzierungsvorschläge der Landesregierung unseren gemeinsamen Forderungen für eine Altschuldenlösung zum Teil diametral widersprechen“. Das Problem drängt: Ende 2022 standen Verbindlichkeiten zur Liquiditätssicherung von mehr als 21 Milliarden Euro in den Büchern der Kommunen. 40 Prozent der Kassenkredite gehen allein auf das Konto von sieben Städten: Duisburg, Essen, Oberhausen, Mülheim, Wuppertal, Dortmund und Hagen.

Wachstumschancengesetz: 400 Millionen Euro Gewerbesteuerausfälle drohen

Inflation, Tarifabschlüsse, Wirtschaftsflaute und die von der Bundesregierung geplanten Steuererleichterungen werden die Finanzlage vor Ort weiter verschärfen. Allein das in der Ampel-Koalition zurzeit umkämpfte Wachstumschancengesetz könnte für die NRW-Kommunen massive Gewerbesteuerausfälle von bis zu 400 Millionen Euro im Jahr bedeuten. Haushaltssperren und höhere Grund- und Gewerbesteuersätze könnten für viele Bürger die Folge sein.

„Diese Anhörung war eine schallende Ohrfeige für das Modell der Landesregierung“, kritisierte SPD-Kommunalexperte Justus Moor. „Das Prinzip ‚linke Tasche, rechte Tasche‘ war schnell entlarvt und ist nichts weiter als billige Trickserei“, erklärte Dirk Wedel, kommunalpolitischer Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, zum Experten-Urteil über die Scharrenbach-Pläne.