Düsseldorf. 120, 150 oder gar 390 Euro im Jahr? Der Sozialverband VdK kritisiert deutlich steigende Gebühren als sozial unausgewogen.

Düsseldorf, Köln und viele andere Kommunen in NRW möchten Anwohner fürs Parken deutlich stärker zu Kasse bitten als bislang. Statt wie bisher 30 Euro im Jahr sollen Anwohner 120, 150, mancherorts sogar bis zu 390 Euro zahlen. Manche Anwohner reagieren mit Zorn auf diese Pläne.

VdK. "Das ist unsozial und unakzeptabel"

Der Sozialverband VdK in NRW kritisiert die Gebührensprünge scharf. „Es ist unsozial und nicht akzeptabel, wenn Haushalte mit kleinen Einkommen und Menschen mit Behinderungen so zur Kasse gebeten werden. Mehrkosten von 150 Euro im Jahr können viele Menschen einfach nicht tragen, sind aber trotzdem auf ihr Auto angewiesen“, sagte Landesgeschäftsführer Thomas Zander dieser Redaktion. Zander fordert eine gesetzliche Grundlage für einen Sozialtarif.

Befeuert wird die Debatte durch ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom Dienstag. Die Leipziger Richter hatten in einem wegweisenden Urteil die Bestimmungen für höhere Anwohnerparkgebühren in Freiburg für unwirksam erklärt. Die Kritik richtete sich allerdings nicht gegen die Höhe der Gebühren von 360 Euro im Jahr für ein durchschnittlich großes Auto. Vielmehr sahen die Richter gravierende rechtliche Verfahrensfehler.

Sie erklärten zudem Staffelungen – etwa nach Länge des Fahrzeugs – sowie Ermäßigungen nach sozialen Kriterien – so für Menschen mit Behinderung oder Sozialhilfeempfänger – für unzulässig. Einige Städte, zum Beispiel Bochum, legen ihre Gebühren-Pläne nach dem Urteil erstmal auf Eis.

ADAC: "Die Anwohner zahlen nur für das Recht auf Parkplatzsuche"

Der Automobilclub ADAC wirbt beim Thema Anwohnerparkgebühren in NRW für „Maß und Mitte“. 200 Euro im Jahr sollten die absolute Obergrenze sein, sagte ADAC-Verkehrsexperte Roman Suthold auf Nachfrage dieser Redaktion. „Die Anwohner bekommen für diese Gebühren ja nicht etwa einen Stellplatz, sondern bloß das Recht auf Parkplatzsuche. Auf einen Parkplatz in einer Anwohner-Parkzone kommen in NRW im Schnitt 1,5 Fahrzeuge“, erklärt Suthold.

Der Club fordert, den Anwohnern für drastisch erhöhte Gebühren eine Gegenleistung zu bieten. Der Nahverkehr müsse besser werden, und neue Radwege müssten her. Außerdem sollten in den Städten so genannte „Quartiersgaragen“ in Wohnvierteln entstehen.

NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) kündigte gegenüber dieser Zeitung an, er werde das Urteil „auf mögliche Folgen für NRW prüfen und bewerten.“

Städtetag: "Städte sind nicht in erster Linie Parkplätze"

Der Deutsche Städtetag wertete das Urteil sogar ausdrücklich als „gute Nachricht“, weil die Höhe der Gebühren in Freiburg von den Richtern grundsätzlich nicht in Zweifel gezogen worden sei. Die Gebühren fürs Bewohnerparken müssten steigen, „denn Städte sind nicht in erster Linie Parkplätze“, weil 30 Euro im Jahr nicht mehr zeitgemäß seien.

Wer heutzutage im knappen, öffentlichen Raum parken wolle, der müsse auch bereit sein, dafür zu zahlen, sagte Städtetags-Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy. Der Bund solle den Kommunen generell mehr Rechte in „Mobilitätsfragen“ geben, zum Beispiel auch bei Tempo-Kontrollen.

Auf den ersten Blick wirkt eine Verzehnfachung der Gebühren fürs Anwohnerparken fast schon skurril. Aber die Städte haben ihre Gründe:

Warum erhöhen viele Städte diese Gebühren?

Hauptgrund: Weil sie es können. Seit 2022 dürfen die NRW-Städte die Gebühren für Bewohnerparkausweise selbst festlegen. Davor regelte das Bundesrecht die Gebührenhöhe und begrenzte sie auf 30,70 Euro pro Jahr.

„Die Gebühr wurde seit 1993 nicht mehr angepasst und entfaltet keinerlei steuernde Wirkung“, heißt es zum Beispiel in Hattingen in einer Vorlage der Verwaltung für die Politik. Das Parken sei bisher „quasi umsonst“, während andere Anwohner für Parkplätze in Tiefgaragen oder für Stellplätze auf dem eigenen Grundstück viel Geld bezahlten. Viele Städte erinnern auch daran, dass Besucher von außerhalb teure Parkscheine ziehen müssen.

Die Stadt Köln bezeichnet die höheren Gebühren als „Baustein der Mobilitätswende“. Man möchte, dass künftig weniger Autos in der Domstadt stehen oder fahren. Die Mehreinnahmen fließen in den Haushalt der Stadt, sollen aber vor allem für eine Verbesserung der Mobilität verwendet werden.

Wie groß sind die Unterschiede?

Bochum wollte zum Beispiel ursprünglich „nur“ von 22 auf 120 Euro im Jahr erhöhen. Köln plant ab Januar 2024 mit einer Erhöhung von gut 30 auf bis zu 390 Euro im Jahr. Unterschiede soll es auch innerhalb der Städte geben: Düsseldorf möchte zum Beispiel ab Oktober drei Zonen einrichten mit Gebühren von 240, 300 und 360 Euro. Am teuersten ist es mitten in der City.

Sind auch Entlastungen geplant?

In Düsseldorf sollen Anwohner mit niedrigen Einkommen deutlich weniger bezahlen als Wohlhabende. Eine Idee ist, dass Anwohner ihre Fahrzeuge abends zum Beispiel verstärkt auf Supermarktparkplätzen abstellen können. Aldi, Lidl, Penny & Co. signalisieren zumindest ihre Bereitschaft, dies zu prüfen.