Essen. Ist es tatsächlich so schwierig wie behauptet, in NRW einen Leistungsantrag zu stellen? Lesen Sie hier unseren Selbstversuch.
Nur ein Drittel der Leistungen für „Bildung und Teilhabe“ werden in NRW von Anspruchsberechtigten abgerufen. Betroffene berichten von komplexen Verfahren. Doch ist es wirklich so kompliziert, einen Leistungsantrag zu stellen? Ein Selbstversuch.
>>> Hier kommen Sie zur Geschichte einer Betroffenen. Fatima und ihr Mann verzweifelten fast dabei, Sozialhilfe zu beantragen.
Durch meine Recherchen weiß ich, was ich googeln muss: „Bildungs- und Teilhabepaket NRW“. Das wissen nicht alle, erklärt Michaela Hofmann, Armutsexpertin bei der Caritas NRW. „Der Begriff ist sehr bürokratisch, viele geben etwa ,Hilfe bei Schulfahrten’ ein.“
„Auf Seite 4 komme ich dem „Bildungs- und Teilhabepaket näher“
An erster Stelle meiner Google-Ergebnisse ploppt eine Ratgeberseite der Firma „Schulfahrt Touristik GmbH“ auf. Darunter die Webseite einer Rechtsschutzversicherung. Auf Seite 4 komme ich dem „Bildungs- und Teilhabepaket“ näher. Auf der Internetseite der Caritas. Dort führt mich ein Link zum Familienportal der Bundesregierung. Hier finde ich, was ich zu den Leistungen wissen muss – und wie ich sie beantrage. Die Infos erhalte ich auf Wunsch in elf Sprachen, die Antragsformulare selbst sind allerdings nur auf Deutsch.
» Lesen Sie dazu: Kinderarmut: Wie Fatima sich durch den Antragswust kämpfte
Ich klicke beispielhaft Essen an. Dort finde ich die Kontaktdaten des Jobcenters. Bei Fragen kann ich „das Team Bildung und Teilhabe telefonisch, per E-Mail, per Kontaktformular, per Fax oder auf dem Postweg kontaktieren“, sagt eine Stadtsprecherin. Ich will es allein versuchen. Ich kann entweder den „Globalantrag“ ausfüllen, in dem alle Leistungen im Paket enthalten sind.
Armutsexpertin: „Kindergrundsicherung schnell umsetzen“
Oder ich entscheide mich für eines der fünf „Module“, etwa für den Antrag auf „Schüler-Beförderungskosten“. Wenn der Antrag ausgefüllt ist, müssen noch Bestätigungen von der Schule eingeholt werden.
Michaela Hofmann fordert eine schnelle Umsetzung der vom Bund geplanten Kindergrundsicherung, die alle Leistungen bündeln soll. Die Links zur Bildung und Teilhabe sind bei jeder Stadt anders hinterlegt. Während ich in Essen direkt zu den Antragsformularen geführt werde, muss ich mich in Wuppertal durch die Webseite des Jobcenters wühlen. In Witten lese ich die Meldung, dass die Seite nicht gefunden wurde. Ohne einen Antrag auszufüllen klappe ich den Laptop zu und gebe entnervt auf.