Düsseldorf. Der Streit um die polizeikritischen Äußerungen der Lehrerin Bahar Aslan spitzt sich zweiter zu. Immer mehr Unterstützer melden sich.

Die Diskussion über die wegen eines polizeikritischen „Tweets“ umstrittene Hochschul-Dozentin Bahar Aslan spitzt sich weiter zu. In einem Offenen Brief, den „Zeit online“ am Freitag veröffentlichte, stellten sich mehr als 450 Wissenschaftler, Politiker und Prominente hinter Aslan. Sie werten die Beendigung von Aslans Lehrauftrag an der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung in NRW (HSPV) als „Angriff auf die Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit“.

Zu den Unterzeichnern gehören offenbar auch Kollegen Aslans von der Polizeihochschule, die thüringische Integrationsministerin Doreen Denstädt (Grüne), der Politikwissenschaftler Carlo Masala sowie der Satiriker Jan Böhmermann.

Das Verhalten der Hochschule sei „unwürdig“, sagen die Unterzeichner. Während nicht wenige Polizeibeamte, die in rechten Chatgruppen den Holocaust geleugnet, Hakenkreuze versendet und den Tod von Flüchtlingskindern bejubelt hätten, ihren Dienst fortführen dürften, werde eine kritische Lehrerin 48 Stunden nach einem „unglücklichen Tweet“ ohne Anhörung von ihrem Lehrauftrag entbunden.

Migrationsforscher: "Angriff auf die kritische Wissenschaft"

Außerdem forderte ein bundesweites Bündnis von Migrationsforschern am Freitag die Rücknahme der Kündigung: „Als Hochschulpersonal sind wir schockiert von der Kündigung eines Lehrauftrags wegen eines einzelnen, vermutlich strafrechtlich nicht relevanten Tweets einer Dozentin. Das kann nur als Angriff auf kritische Wissenschaft verstanden werden“, schrieb der „Rat für Migration“ in einer Mitteilung. Bei diesem Verein handelt sich um einen Zusammenschluss von 190 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die zu Migration und Integration forschen.

Das Bündnis wirft der Polizeihochschule vor, vor einem rechten Shitstorm „einzuknicken“, der einem Muster folge: Die öffentliche Diskreditierung einer Frau mit Migrationsgeschichte „wegen einer Bagatelle“. Auch die Studierendenvertretungen in NRW (Asten) und das bundesweite Studierendenbündnis „fsz“ protestieren: Der Fall Aslan sei ein „gravierender Angriff auf die akademische Freiheit“.

Bezirksregierung überprüft Verhalten der Beamtin

Aslans Lehrauftrag an der HSPV war wegen einer Äußerung bei Twitter nicht verlängert worden. Sie hatte dort geschrieben: „Ich bekomme mittlerweile Herzrasen, wenn ich oder meine FreundInnen in eine Polizeikontrolle geraten, weil der ganze braune Dreck innerhalb der Sicherheitsbehörden uns Angst macht. Das ist nicht nur meine Realität, sondern die von vielen Menschen in diesem Land.“ In einem früheren, gelöschten Tweet hatte Aslan gesagt, dass sie mit Linksextremisten sympathisiere. Die Polizeihochschule hält sie nach Aslans Vorwürfen für „ungeeignet“, angehende Polizistinnen und Polizisten zu unterrichten.

Die Bezirksregierung Münster prüft, wie berichtet, ob die im Hauptberuf als Lehrerin tätige Aslan mit ihrem Polizei-Tweet gegen ihre Pflichten als Beamtin verstoßen habe. Sie unterrichtet derzeit an einer Kölner Schule. Der NRW-Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Michael Mertens, hat den Tweet als „Pauschalverurteilung der Sicherheitsbehörden“ verurteilt. Der AfD-Landtagabgeordnete Markus Wagner hat eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Aslan eingereicht.

Fall Aslan wird zum Thema im Landtags-Schulausschuss

Die SPD-Landtagsfraktion trägt das Thema in die Sitzung des Schulausschusses: Am 7. Juni soll die Landesregierung zum Fall Aslan berichten. „Die Formulierung im Tweet war so nicht in Ordnung. Aber die Geschichte jetzt immer weiter zu eskalieren, ist es genauso wenig. Hier geht es ja schließlich um eine berufliche Existenz“ sagte die SPD-Abgeordnete Dilek Engin. Sie frage sich, „auf welcher beamtenrechtlichen Grundlage“ die Prüfung durch die Bezirksregierung erfolge, so Engin: „Dazu erwarten wir von Schulministerin Feller einen umfangreichen Bericht.“ (mit dpa)