Essen. Nach dem Tod seiner Mutter erfährt Nico Schuwald, wie schwer ein Leben mit wenig Geld ist. Heute spricht er offen darüber. Was im geholfen hat.
Sie war der Ankerpunkt der Familie, hat alles zusammengehalten. „Als meine Mutter starb, hat es uns allen den Boden unter den Füßen weggerissen“, sagt Nico Schuwald. Auch finanziell. Plötzlich waren sie die Familie, die von Sozialhilfe lebt. Das erzählt der Abiturient am Dienstag beim „Fachkongress Kinder- und Jugendarmut des Landes Nordrhein-Westfalen“ in Essen.
„Im Kinder- und Jugendalter werden die Grundsteine gelingender Bildungsbiografien und selbstbestimmter Lebenswege gelegt“, sagt Familienministerin Josefine Paul (Grüne) am Dienstag auf dem Kongress. Mit einem Maßnahmenpaket will das Land Kinderarmut weiter bekämpfen. Paul: „Armut darf nicht länger das größte Zukunftsrisiko für Kinder und Jugendliche sein“.
„Einige haben nicht gemerkt, dass wir von Sozialhilfe leben“
Vor dem Tod seiner Mutter führten sie ein „ganz normales Leben“ ohne Geldsorgen, erzählt Schuwald. „Ich hatte eine unbeschwerte Kindheit.“ Als er elf Jahre alt war, erhielt seine Mutter die Diagnose Krebs. Um sie pflegen zu können, kündigte sein Vater den Job. Und seine Mutter kämpfte. „Kurz vor ihrem Tod hat sie noch mein Zimmer tapeziert“, erinnert sich der Schüler aus Marl, „obwohl sie da schon sehr geschwächt war.“
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Als seine Mutter starb, war Nico Schuwald zwölf Jahre alt. Finanziell ging es seinem Vater immer schlechter. Halt fand Schuwald in seiner Marler Gesamtschule. „Meine Freunde haben mich aufgefangen.“ Trotzdem versuchte er seine finanzielle Situation zu verbergen, zu sehr schämte er sich. In dieser Zeit lebte er „bedeckt und unauffällig“, erinnert er sich. „Einige in meinem Umfeld haben gar nicht gemerkt, dass wir von Sozialhilfe leben“.
Kinderarmut in NRW: „Das Thema braucht mehr Aufmerksamkeit“
Schuwald erzählt, dass sein Vater für sich selbst nur wenig Geld ausgab. „Nur, damit ich mir mehr leisten konnte.“ Vom älteren Bruder, der schon arbeitet, bekam er hin und wieder Geld, damit er mit seinen Freunden ein Eis essen konnte. „Alle haben mich unterstützt.“ Ein Glück, das nicht alle betroffenen Jugendlichen in seinem Alter haben. Nico Schuwald findet: „Das Thema braucht mehr Aufmerksamkeit.“
Immer wieder bekommt er mit, dass Menschen erst als „arm“ gelten, wenn sie keine Wohnung mehr haben. „Es gibt aber auch, wie bei mir, eine verdeckte Armut, die wir in den Blick nehmen müssen.“ Von Kindern könne man nicht erwarten, dass sie sich selbst Hilfe suchen. Umso dankbarer ist er, dass die Lehrer sein Problem erkannten – und ihn förderten.
Schon immer hat Schuwald gute Noten geschrieben, interessierte sich für Grafikdesign und das Programmieren am PC. Nach den Abiprüfungen will er in Münster Mathe studieren. Einen Studienplatz hat er schon. „Das liegt auch daran, dass ich damals gesehen wurde.“
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