Düsseldorf. Die Industrie- und Handelskammern am Rhein haben eine Studie in Auftrag gegeben. Das Ergebnis lässt befürchten: Rahmede ist überall.
Nach der Vollsperrung und Sprengung der A45-Talbrücke „Rahmede“ bei Lüdenscheid befürchtet die NRW-Wirtschaft das nächste Infrastruktur-Debakel in anderen Landesteilen. Allein rund 1000 Brücken im Rheinland seien deutlich überlastet und könnten dem Verkehr langfristig nicht mehr standhalten, warnte der Präsident der Niederrheinischen Industrie- und Handelskammer (IHK), Werner Schaurte-Küppers, am Mittwoch in Düsseldorf. Die Querungen seien „in einem desaströsen Zustand“.
Die IHK Niederrhein, zu der auch Duisburg gehört, und die IHK Düsseldorf verwiesen gemeinsam auf eine neue Studie des Instituts für Straßenwesen (ISAC) der RWTH Aachen. Dabei seien die verfügbaren Brückendaten von Bund und Land ausgewertet worden. Allein 342 hätten demnach die schlechteste Bewertung erhalten und müssten dringend ersetzt werden.
Es geht nicht nur um die 28 Rheinbrücken
Gregor Berghausen, Hauptgeschäftsführer der IHK Düsseldorf, warnte vor einem politischen Fokus allein auf die bekannten 28 Rheinquerungen, für die es zum Teil schon Neubau- und Sanierungspläne gibt. Man dürfe gerade kleinere Brücken nicht aus dem Blick zu verlieren, die „unbeachtet vor sich hin modern“, für Logistikketten an Rhein und Ruhr jedoch entscheidend seien, so Berghausen.
Den Kammern zufolge müssten in den kommenden zehn Jahren jedes Jahr 90 Autobahnbrücken fertig werden. Aktuell schaffen Bund und Land nicht einmal die Hälfte. „Das bedeutet, das Risiko für ein zweites Rahmede bei uns im Rheinland steigt jeden Tag“, so Schaurte-Küppers. Im Sauerland müssten Mittelständler bereits aufgeben oder Mitarbeiter kündigten entnervt ihre Jobs. „Meine Sorge ist, dass uns Ähnliches auch im Rheinland droht, wenn wir nicht aufpassen“, sagte der IHK-Präsident. Zudem ist die Sorge groß, dass sich potenzielle Investoren bei der internationalen Standortprüfung durch die marode Infrastruktur zunehmend abgeschreckt fühlen.
Modernisierungspaket der Ampel erleichtert Planungsverfahren
Die Wirtschaftsvertreter forderten Bundes- und Landesregierung auf, bei der Ertüchtigung des Straßen- und Brückenbaus stärker an einem Strang zu ziehen und zu einem „Brückengipfel“ einzuladen. Die Ampel-Bundesregierung habe mit ihrem Modernisierungspaket zumindest den Weg frei gemacht für eine schnellere Planung. Notwendig sei nun ein Sondervermögen von zehn Milliarden Euro und mehr Pragmatismus bei Planung und Genehmigung von Projekten. Die bereits vor Jahren diskutierte vereinfachte „Lego-Technik“ aus den Niederlanden habe sich immer noch nicht durchgesetzt.
SPD-Verkehrsexperte Gordon Dudas forderte die schwarz-grüne Landesregierung auf, den Alarmruf der Kammern ernst zu nehmen: „NRW steckt im Brücken-Notstand. Statt unverzüglich einen Masterplan für Brücken aufzulegen, lässt die Landesregierung das Brückendesaster seit Jahren einfach laufen.“