Düsseldorf. “Das schweißt uns zusammen“: Christoph Schöneborn, Geschäftsführer des Verbandes der Feuerwehren in NRW, über die Folgen von Ratingen.

Die Explosion in einem Ratinger Hochhaus mit vielen Schwerverletzten belastet die Feuerwehrleute in NRW sehr. Ihr Verbands-Geschäftsführer Christoph Schöneborn fordert im Gespräch mit Matthias Korfmann, dass Ermittler und Gericht künftig konsequenter gegen Gewalttäter vorgehen sollten.

Herr Schöneborn, was löst das Ereignis in Ratingen bei den Feuerwehrleuten in NRW aus?

Christoph Schöneborn: Die Betroffenheit ist groß. Wir haben gestern eine Pressemitteilung dazu veröffentlicht, und die ist unter Feuerwehrleuten schon hunderte Male in sozialen Netzwerken geteilt worden. Dadurch, dass hier Kräfte von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten gleichermaßen in Lebensgefahr gerieten, schweißt die gesamte Gefahrenabwehrfamilie zusammen. Alle halten inne und denken an die Kolleginnen und Kollegen, die um ihr Leben ringen und deren Familien. Unter den Verletzten der Feuerwehr sind mehrere Familienväter.

Wie groß ist das Risiko für die Retter?

Schöneborn: Die Fallzahl ist immer noch gering. Im Jahr 2022 wurden 19 Fälle von Gewaltkriminalität mit einem Bezug zu den Feuerwehren in der Polizeilichen Kriminalstatistik NRW erfasst. Zu den sonstigen Rettungsdiensten 45 Fälle. Es gibt also viele Feuerwehrleute, die das noch nie erlebt haben. Dieser Fall zeigt aber, dass es jede und jeden von uns treffen kann.

Türöffnungen gehören für die Feuerwehren zu den häufigsten Einsatzarten landesweit, und das machen sowohl Haupt- als auch Ehrenamtliche. Das ist Alltag, denn es gibt immer mehr einsame Menschen, und Angehörige wohnen oft nicht in der Nähe. Früher hatten die Nachbarn noch einen Wohnungsschlüssel, aber das hat sich geändert. Manche vermuten, Gewalt gegen Einsatzkräfte gebe es vor allem in Großstädten wie Berlin, Köln oder Duisburg. Dieser Einsatz zeigt aber, dass das jederzeit und überall geschehen kann.

Kann man die Regeln für Haustür-Einsätze verändern, um die Helfer besser zu schützen?

Schöneborn: Da gibt es regelmäßig Anpassungen. Zum Beispiel tragen Einsatzkräfte heute häufig CO-Melder, um nicht in eine mögliche Kohlenmonoxid-Gefahr hineinzulaufen. Es gibt inzwischen auch viele Deeskalations-Trainings für die Angehörigen der Feuerwehr und der Rettungsdienste. Aber es ist unsere Aufgabe und unser Wunsch, Menschen zu helfen, und da kann man nicht alle Gefahren ganz ausschließen.

Könnten die Einsatzkräfte von der Politik besser geschützt werden?

Schöneborn: Man kann mehr Aufklärungsarbeit betreiben und die Forschung intensivieren. Aber es dauert, bis so etwas wirkt. Unsere Einsatzkräfte sind immer dann irritiert, wenn Ermittlungsverfahren gegen Gewalttäter sehr früh und lapidar einfach eingestellt werden. Sie wünschen sich ein starkes Ausnutzen der vorhandenen strafrechtlichen Möglichkeiten.