Düsseldorf. NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) beklagt einen „weltweiten Mangel“ und sagt steigende Krankenkassenbeiträge voraus

Die aktuellen Lieferengpässe bei Fiebersäften und Antibiotika für Kinder und Jugendliche dürften nach Einschätzung der NRW-Landesregierung auch nach der Lockerung der Einfuhr-Regeln für diese Arzneien anhalten. „Die Erwartungen, dass man damit jetzt alle Probleme löst, möchte ich schon ein bisschen dämpfen, weil es sich nicht um ein deutsches oder nordrhein-westfälisches Problem handelt, sondern um ein weltweites Problem“, sagte NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) am Mittwoch im Landtag.

Genereller und globaler Mangel

Apothekerinnen und Apotheker seien zwar in der Lage, Erwachsenen-Medikamente zu Kinder-Medikamenten „umzuarbeiten“. Aber der generelle Mangel treffe nicht nur die fertigen Arzneien, sondern auch die dafür nötigen Grundsubstanzen, so der Minister.

CDU und Grüne hatten eine Aktuelle Stunde im Landtag beantragt, weil sich die Arzneimittel-Engpässe in NRW weiter zuspitzen. Es fehlten Fiebersäfte für Kinder, Antibiotika, teilweise auch Blutdruckpräparate oder Tumormedikamente, beklagen die Regierungsfraktionen in ihrem Antrag. Besonders antibiotikahaltige Säfte für Kinder, die etwa bei Mittelohr- oder Halsentzündungen benötigt würden, seien schwer zu bekommen.

Import aus dem Ausland theoretisch möglich

Das Bundesgesundheitsministerium hat bei den genannten Medikamenten einen Versorgungsmangel festgestellt, der eine Ausnahme vom Arzneimittelgesetz ermöglicht. Daher können NRW und andere Länder vorübergehend Antibiotikasäfte aus dem Ausland importieren, die in Deutschland nicht zugelassen sind. Laumann ermutigt Apotheken und Gesundheitsbehörden, diese Möglichkeiten zu nutzen, ist vom Erfolg aber nicht überzeugt. Es handele sich um Produkte, die auf der ganzen Welt knapp seien.

Eine Lösung für die „ernst zu nehmenden Engpässe“ sei nur mittelfristig möglich, sagte Laumann. Es sei unmöglich, die Grundsubstanzen für die Herstellung von heute auf morgen nach Europa zurückzuholen. „Wenn wir diese Produktion nach Europa holen wollen, dann müssen wir bereit sein, dafür mehr Geld in die Hand zu nehmen.“ Bei der Versorgungssicherheit müsse stets auch an die Finanzierbarkeit gedacht werden. „Wir müssen mehr auf die Sicherheit unserer Lieferketten achten, und diese Sicherheit wird uns am Ende des Tages auch höhere Krankenkassenbeiträge bescheren“, warnte Laumann.

Zum Medikamentenkauf nach Holland fahren

Nach Einschätzung von Meral Thomas (Grüne) sind die Engpässe das Ergebnis eines „jahrzehntelang betriebenen Preisdumpings“. Die Versorgungssicherheit sei viel zu lange vernachlässigt worden. Mario Schmitz (CDU) riet zu einer besseren Verteilung der vorhandenen Medikamente auf die Bundesländer. Es dürfe nicht sein, „dass Eltern nach Holland fahren, um Fiebersaft für ihre Kinder zu bekommen.“ Lisa Kapteinat (SPD) forderte, besorgte Eltern darüber zu informieren, dass auch in Deutschland nicht zugelassene Medikamente sicher sein könnten.

Kinder- und Jugendärzte hatten jüngst die Gesundheitsminister in den deutschsprachigen Ländern in einem offenen Brief vor den durch Medizinmangel verursachten Gesundheitsgefahren gewarnt.