Düsseldorf. Die FDP-Opposition im Landtag fordert, dass Schwarz-Grün klarstellt, dass Mehrarbeit nicht verfällt. Eine Frist macht vielen Sorgen.
Die FDP-Opposition im Landtag hat die schwarz-grüne Landesregierung aufgefordert, Hunderttausende von Überstunden im Öffentlichen Dienst vor der drohenden Verjährung zu bewahren. „Ebenso wie sich der Staat auf die Erbringung notwendiger Überstunden bei Beamten verlassen muss, haben diese umgekehrt ein Anrecht darauf, dass diese nicht stichtagsbezogen ersatzlos entfallen“, sagte FDP-Fraktionsvize Ralf Witzel unserer Redaktion am Sonntag.
Beschäftigte im Landesdienst haben Anspruch auf Freizeitausgleich oder Vergütung von geleisteter Mehrarbeit. Gesetzlich ist jedoch nach drei Jahren eine Verjährung vorgesehen. Die schwarz-gelbe Vorgängerregierung hatte noch verbindlich zugesagt, dass Überstunden aus angeordneter Mehrarbeit nicht verfallen, da ein kurzfristiger Abbau der erbrachten Mehrarbeit oft faktisch nicht möglich ist. CDU und Grüne haben diese großzügige Regelung bislang nicht verlängert.
"Streichung von Mehrarbeitsstunden widerspricht Leistungsprinzip"
Der Problemdruck wächst kontinuierlich. Im NRW-Landesdienst sind aktuell 20.000 Stellen unbesetzt. In den nächsten Jahren werden über 30.000 Beschäftigte in Pension gehen, die heute 61 Jahre oder älter sind. Die größte Beschäftigtengruppe im NRW-Landesdienst ist zwischen 51 bis 60 Jahren alt. Woher qualifizierter Nachwuchs für Schule, Justiz oder Polizei kommen soll, ist auch Experten unklar.
„Die massenhafte Streichung angeordneter Mehrarbeitsstunden widerspricht jedem Leistungsprinzip“, kritisiert Witzel. Man benötige eine neue Attraktivitätsoffensive für den Öffentlichen Dienst, „um den immensen personellen Herausforderungen in den nächsten Jahren gerecht zu werden“.
Nur ein Teil der angesammelten Überstunden ist vor dem Verfall geschützt. Kurz vor der Landtagswahl 2022 hatten CDU und FDP die gesetzliche Grundlage für Langzeitarbeitskonten geschaffen. Mehrarbeitsstunden können dort angesammelt werden, ohne dass sie verjähren. Allerdings dürfen bislang nur jährlich maximal 122 Mehrarbeitsstunden unabhängig von ihrem Entstehungszeitpunkt auf das Konto übertragen und so vor Verfall geschützt werden. Je nach Berufsgruppe werde inzwischen deutlich mehr angesammelt, 122 Mehrarbeitsstunden reichten „als Größenordnung oft nicht aus“, warnte Witzel und forderte Nachbesserungen.
Für viele Berufsgruppen ist Freizeitausgleich keine Option
Insbesondere im Bereich der Sicherheit und des staatlichen Gewaltmonopols müssten Aufgaben zeitnah und kontinuierlich erledigt werden. Beschäftigte können hier Freizeitausgleich kaum planen. Die Liberalen fordern in einem Antrag für den Landtag, die Langzeitarbeitskonten endlich flächendeckend einzuführen und „so auszugestalten, dass sämtliche geleistete Mehrarbeit auf diese überführt werden kann“. Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) steckt jedoch in dem Dilemma, dass er sich die erforderliche Attraktivitätssteigerung wohl gar nichts leisten kann. Die Steuerschätzung im Mai verheißt für NRW nichts Gutes.