Düsseldorf. Die Liberalen werfen der von CDU und Grünen geführten Regierung „Arbeitsverweigerung“ beim wichtigen Thema Langzeitarbeitskonten vor.

Die FDP im Landtag kritisiert, dass die Landesregierung bei der gesetzlich vorgeschriebenen Einführung von Langzeitarbeitskonten für Beamtinnen und Beamte bisher kaum vorankomme. „Die Regierung betreibt Arbeitsverweigerung. Sie nutzt die Chancen eines modernen Arbeitslebens nicht. Stattdessen droht im öffentlichen Dienst der Verfall von Überstunden“, sagte der Essener FDP-Abgeordnete Ralf Witzel nach der Lektüre der Antwort der Landesregierung auf seine Anfrage.

Die meisten Ministerien haben hier noch nicht gehandelt

Aus der Antwort geht hervor, dass Langzeitarbeitskonten bisher im Innenministerium und in den Polizeibehörden eingeführt wurden. „Im November 2022 führten zudem das Familienministerium sowie die Bezirksregierung Köln Langzeitarbeitskonten ein“, schreibt NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU). Das Kultur-, das Landwirtschafts- sowie das Umweltministerium planten die Einführung für das erste Quartal 2023.

Aus der Sicht von Ralf Witzel ist diese Zwischenbilanz unbefriedigend: „Erst zwei von zwölf Ressorts und eine von fünf Bezirksregierungen haben Lebensarbeitszeitkonten eingeführt. Die Mehrzahl hat bislang nicht einmal die Absicht dazu für das kommende Jahr.“

Erst mehr arbeiten, später mehr Freizeit

CDU und FDP hatten im Frühjahr dieses Jahres kurz vor der Landtagswahl mit ihrem „Gesetz zur Steigerung der Attraktivität des öffentlichen Dienstes“ Langzeitarbeitskonten eingeführt. Die Teilnahme daran ist freiwillig. Langzeitarbeitskonten sind persönliche Arbeitszeitkonten. Sie dienen dem Ansparen von „Zeitguthaben“, zum Beispiel durch Überstunden, die später in Freizeit umgewandelt werden können. Denkbar sind Freistellungen oder eine Verringerung der Wochenarbeitszeit als Ausgleich für zuvor geleistete Mehrarbeit.

Angesichts des Fachkräftemangels im öffentlichen Dienst könnten Langzeitarbeitskonten die Behörden entlasten und die Arbeitszufriedenheit erhöhen, meint Witzel. „Viele Beschäftigte erarbeiten sich gern in jüngeren Lebensjahren, in denen man belastbarer ist, ein Zeitguthaben, das einem in späteren Jahren als Stundenermäßigung zurückgegeben wird.“ Die alternative Ausbezahlung von Überstunden rechne sich für die Beschäftigten kaum, weil Überstunden in vielen Fällen geringer vergütet würden. Die Umwandlung von Überstunden in Geld sei daher eher unattraktiv.

Auszahlung von Überstunden wohl keine gute Alternative

Angesicht von derzeit rund 20.000 unbesetzten Stellen im Landesdienst drohe ein massiver Überstundenverfall, warnt der Liberale. Die schnelle Einführung von Langzeitarbeitskonten würde einen großen Teil dieser Probleme lösen. Wie viele Millionen Überstunden derzeit bereits aufgelaufen sind, beantwortet die Landesregierung mit Verweis auf den Rechercheaufwand nicht.

Der frühere NRW-Finanzminister Lutz Lienenkämper (CDU) hatte die Langzeitarbeitskonten im April als „wichtige Maßnahme“ beschrieben und gesagt. „Wir wollen, dass die Beschäftigten ihre Arbeitszeit noch individueller gestalten können.“