Düsseldorf. Bund der Steuerzahler und Haus und Grund raten zu ruhenden Einsprüchen gegen Bescheide. Eigentümer zweifeln geschätzte Grundstückswerte an.
Im anhaltenden Streit um die Grundsteuererklärung in Nordrhein-Westfalen haben Steuerzahlerbund und der Eigentümerverband „Haus & Grund“ alle Hausbesitzer erneut dazu aufgerufen, Einspruch gegen bereits ergangene Bescheide einzulegen. Die Berechnungen der Finanzämter seien leider nicht vorläufig, so dass man bei Zweifeln an der Korrektheit individuell dagegen vorgehen müsse, warnte Rik Steinheuer, Vorsitzender des Steuerzahlerbundes NRW, am Mittwoch in Düsseldorf. „Aus unserer Sicht hätte man das bürgerfreundlicher lösen können. Jetzt ist es, wie es ist, und viele Bürger erheben Einspruch.“
Viele Eigentümer zweifeln Verfassungsmäßigkeit der Grundsteuer an
Mehr als eine Million Grundsteuererklärungen sind in NRW noch immer nicht eingereicht. Das hatte Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) gegenüber der Rheinischen Post eingeräumt. Damit fehlen der Finanzverwaltung rund 20 Prozent der Erklärungen. Laut Optendrenk liegt die Einspruchsquote derzeit bei 4,6 Prozent. Steuerzahlerbund und „Haus & Grund“ empfahlen Eigentümern, in jedem Fall Einspruch zu erheben und für diesen auch zu beantragen, dass er ruhend gestellt wird. Das heißt, der Fall würde vorerst nicht bearbeitet werden. Von der Finanzverwaltung erwarten die Verbände, dass sie einem solchen Vorgehen zustimmen.
Dies könnte für weitere Rechtsstreitigkeiten bedeutsam werden: Viele Eigentümer zweifeln die Verfassungsmäßigkeit der Bescheide an, weshalb die Verbände einen Musterprozess vorbereiten. Damit könnte eine Rechtsprechung in Gang gesetzt werden, an der sich andere Gerichte orientieren.
Haus & Grund: Unrealistische Kaltmieten geschätzt
Kritikpunkt an der neuen Grundsteuer ist einerseits die Ungewissheit über die tatsächliche Steuer. Denn der Messbescheid mit dem geschätzten Grundstückswert enthalte noch nicht den Hebesatz, den die Kommune bestimmt, erklärt Tim Treude, Geschäftsführer von „Haus & Grund“ Westfalen. Das führe dazu, dass jemand, der auf Nummer sicher gehen möchte, „erstmal gezwungen ist, Einspruch einzulegen, um den Bescheid nicht bestandskräftig werden zu lassen“.
Zudem gebe es Bedenken gegen die Bodenrichtwerte, die zur Berechnung der neuen Grundsteuer genutzt werden, so Treude. Wenn in einer Region längere Zeit keine Immobilie verkauft wurde, haben die Gutachter keine Vergleichszahlen. „Es beruht mehr oder weniger auf Schätzungen, wie hoch der Bodenrichtwert ist.“ Des Weiteren gebe es Tabellen mit fiktiven Kaltmieten, mit denen der Wert des Hauses berechnet werden soll. „Gerade in ländlichen Regionen tauchen da oft Werte auf, die niemals realistisch als Kaltmieten erzielt werden können“, kritisiert Treude.