Düsseldorf. Alle Proteste halfen nicht: Schwarz-Grün kippt in der kommenden Woche die anliegerfreundliche Verjährungsregel. Das kann teuer werden.
Trotz heftiger Proteste sollen Hausbesitzer in Nordrhein-Westfalen künftig von ihren Kommunen wieder länger für Erschließungskosten ihrer Straße herangezogen werden können. Eine entsprechende Gesetzesänderung will die schwarz-grüne Regierungsmehrheit in dieser Woche durch den Landtag bringen. Damit wird eine anwohnerfreundliche Regelung, die erst im April 2022 beschlossen worden war, wieder rückabgewickelt.
Erschließungsbeiträge werden fällig, wenn eine Straße gebaut wird und damit neue Grundstücke erschlossen werden. Anlieger können von den Kommunen für bis zu 90 Prozent der Herstellungskosten herangezogen werden. Es geht um Summen pro Haushalt von bis zu 25.000 Euro. Das Problem: Die Städte müssen den Erschließungsbeitrag erst nach „endgültiger Herstellung“ der Straße in Rechnung stellen. Genau dieser Zeitpunkt ist Auslegungssache.
Kommunen begrüßen Rückabwicklung der Fristenregelung
Nachdem das Bundesverfassungsgericht eine zeitlich unbegrenzte Erhebung von Erschließungsbeiträgen für verfassungswidrig erklärt hatte, war in NRW eine Verjährungsfrist eingeführt worden. Zehn Jahre nach der „Vorteilslage“, also der normalen Befahrbarkeit der Straße, musste die Rechnung im Postkasten des Anliegers sein. Außerdem sollte spätestens 25 Jahre nach dem Spatenstich die Beitragspflicht entfallen.
Schwarz-Grün will nun die Verjährungsfrist ab „Vorteilslage“ auf 20 Jahre heraufsetzen und die ab „Spatenstich“ ganz streichen. Die Koalition wird dabei von den Kommunalen Spitzenverbänden unterstützt, die darauf verweisen, dass langwierige Rechtsstreitigkeiten die Berechnung der Erschließungsbeiträge oft erst Jahrzehnte später möglich machten. Die Städte fürchten offenbar, auf Millionen aus offenen Rechnungen sitzen zu bleiben. Das Kommunalministerium begründet die Abschaffung der Fristen zudem mit rechtlichen Problemen und der Neufassung weiterer Anliegerbeitragsfristen etwa bei Kanalanschlüssen und Instandhaltungen.
SPD beklagt „schwarz-grünen Griff in die Portmonees der Anwohner"
„Die 25-Jahres-Frist nach Baubeginn einer Straße zu streichen, ist falsch. Wir befürchten, dass sie für NRW-Straßen in einem fünfstelligen Bereich zur Anwendung kommen wird“, kritisierte Justus Moor, SPD-Sprecher für Heimat und Kommunales. Moor sprach von einem „schwarz-grünen Griff in die Portmonees der Anwohnerinnen und Anwohner“. Auch FDP-Kommunalexperte Dirk Wedel forderte eine Beibehaltung der NRW-Fristen: „Sobald der Teer vor der Haustür der Bürgerinnen und Bürger trocken ist, hat die Kommune maximal zehn Jahre Zeit die Rechnung zu stellen. Und unabhängig vom Zustand der Straße müssen alle Baumaßnahmen 25 Jahre nach dem ersten Spatenstich abgerechnet werden." Ob bei den Abwassergebühren, der Grunderwerbsteuer, beim Straßenausbau oder jetzt bei den Erschließungsbeiträgen – überall würden Lasten von den Kommunen auf die Bürger verschoben, kritisierte Wedel.