Düsseldorf. NRW plant, dass Kommunen Hausbesitzer wieder länger für den Straßenanschluss zur Kasse bitten können. Es ist eine Reform der Reform.
Hausbesitzer sollen von den NRW-Kommunen doch wieder länger für die Erschließungskosten ihrer neu gebauten Straße herangezogen werden können. Die schwarz-grüne Landesregierung hat überraschend eine gesetzliche Änderung der gerade erst eingeführten Verjährungsfrist auf den Weg gebracht. Kritik an der Belastung für landesweit Tausende Haushalte kommt vom Verband Wohneigentum NRW und der Opposition im Landtag.
Erschließungsbeiträge werden fällig, wenn eine Straße gebaut wird und damit neue Grundstücke erschlossen werden. Anlieger können von den Kommunen für bis zu 90 Prozent der Herstellungskosten herangezogen werden. Das Problem: Die Städte müssen den Erschließungsbeitrag erst nach „endgültiger Herstellung“ der Straße in Rechnung stellen. Genau dieser Zeitpunkt ist Auslegungssache. Bis zur ordnungsgemäßen „Widmung“ der Straße vergehen nicht selten Jahrzehnte.
Bundesverfassungsgericht hatte Verjährungsfrist gefordert
Nachdem das Bundesverfassungsgericht eine zeitlich unbegrenzte Erhebung von Erschließungsbeiträgen für verfassungswidrig erklärt hatte, führte die schwarz-gelbe Vorgängerregierung im vergangenen Jahr eine neue Verjährungsfrist ein. Sie besagt: Zehn Jahre nach der „Vorteilslage“, also der normalen Befahrbarkeit der Straße, muss die Rechnung im Postkasten des Anliegers sein. Außerdem soll spätestens 25 Jahre nach dem Spatenstich die Beitragspflicht entfallen.
Schwarz-Grün will nun die Verjährungsfrist ab „Vorteilslage“ auf 20 Jahre heraufsetzen und die ab „Spatenstich“ ganz streichen. Dafür sollen auch andere Anliegerbelastungen in die Frist einbezogen werden wie Kanalanschlussbeiträge oder die umstrittenen Straßenausbaubeiträge, die aktuell aber ohnehin über ein Landesförderprogramm den Anliegern abgenommen werden. Das Gesetzesvorhaben habe „keine belastende, sondern eine die Abgabenpflichtigen begünstigende Wirkung“, erklärte ein Sprecher von Kommunalministerin Ina Scharrenbach (CDU).
Eigentümerverband spricht von "vergiftetem Geschenk"
Der Verband Wohneigentum NRW spricht dagegen von einem „vergifteten Geschenk“. Es gebe keine Begründung, warum plötzlich zehn Jahre zur Abrechnung nicht mehr ausreichen sollen. Offenbar haben Kommunen, die Millionenausfälle fürchteten, bei der Landesregierung erfolgreich interveniert. Es geht um bis zu 20.000 Euro pro Hausbesitzer. „Wenn es eine Kommune in 25 Jahren nicht schafft, eine Straße fertigzustellen und die anfallenden Gebühren abzurechnen, ist sie selbst schuld“, kritisiert der Verband Wohneigentum.
SPD-Experte Justus Moor bezeichnete die Regierungspläne als „schlicht unfair“ gegenüber jungen Familien, die beim Immobilienerwerb meist gar nicht wüssten, dass für eine jahrzehntealte Straße vor ihrer Tür noch Erschließungskosten fällig werden könnten. Auch FDP-Fraktionschef Henning Höne kritisierte: „Fest steht: Regelungen sollen zu Lasten der Bürger verändert werden.“