Düsseldorf. Nach den Todesschüssen auf den 16-jährigen Mouhamed D. im vergangenen Jahr zieht NRW-Innenminister Reul jetzt erste Konsequenzen.

Als Lehre aus dem Tod eines 16-jährigen Flüchtlings in Dortmund nach Schüssen aus einer Polizei-Maschinenpistole führt NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) eine Tragepflicht für Bodycams im Wachdienst ein. „Damit sind die Geräte auf jeden Fall immer zugriffsbereit“, sagte Reul am Donnerstag im Innenausschuss des Landtags. Dies bedeute jedoch keine Anschaltpflicht.

Es gebe lediglich „eine Empfehlung des Ministers“, Einsätze im Zweifel aufzuzeichnen. „Wenn man sich vor Augen führt, dass eine laufende Aufnahme aus einer Bodycam nachweislich zur Deeskalation beiträgt, ist das aus meiner Sicht ohnehin ein großer Gewinn“, sagte Reul.

Die NRW-Polizei verfügt inzwischen über 9000 kleine Kameras, die an der Uniform befestigt werden. Das Polizeigesetz setzt den Rahmen, wann sie zur Aufzeichnung eingeschaltet werden dürfen. Doch nicht immer wird diese Möglichkeit auch genutzt. Beim aus dem Ruder gelaufenen Dortmunder Einsatz im vergangenen Jahr waren die Geräte ausgeschaltet geblieben, so dass es hinterher widersprüchliche Aussagen über den Hergang gab.

Fünf-Punkte-Programm als Lehre aus Dortmunder Fall

Es müsse erreicht werden, „dass zumindest in den Fällen, in denen die Bodycam angeschaltet werden darf, diese auch eingeschaltet wird“, forderte Reul. Die neue Tragepflicht ist Teil eines Fünf-Punkte-Plans als Reaktion auf die tragischen Ereignisse von Dortmund. Dazu gehören auch eine Ausweitung des verpflichtenden Einsatztrainings für den Wachdienst oder eine bessere Vorbereitung der Polizei auf den Umgang mit Menschen, die kein Deutsch sprechen.

Anfang August 2022 waren insgesamt zwölf Polizeibeamte zu einer Jugendhilfeeinrichtung im Dortmunder Norden gerufen worden. Ein unbegleiteter Flüchtling aus dem Senegal saß in Suizidabsicht mit einem Messer vor dem Bauch im ummauerten Innenhof. Mouhamed D., der zuvor bereits in einer Psychiatrie vorstellig geworden war und kein Deutsch sprach, habe apathisch mit dem Gesicht zu einer Mauer gesessen, sagten Zeugen aus. Aus dieser „statischen Lage“, wie es im Einsatz-Deutsch heißt, wurde nach missglücktem Einsatz von Pfefferspray und Taser schlagartig eine dramatische Eskalation. Der junge Afrikaner wollte offenbar weglaufen, was der Sicherungsschütze der Polizei als Angriff auf seine Kollegen wertete. Er eröffnete mit einer Maschinenpistole das Feuer und tötete den Jugendlichen.

Polizist muss sich wegen Totschlags vor Gericht verantworten

Fünf Polizisten werden angeklagt. Der 29-jährige Schütze muss sich sogar wegen Totschlags vor Gericht verantworten. Drei weitere Beamte werden wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagt, der damals eingesetzte Dienstgruppenleiter wegen Anstiftung zur gefährlichen Körperverletzung.

Grünen-Innenexpertin Julia Höller lobte Reuls Maßnahmenpaket: „Es ist sehr gut, dass der Minister heute den nächsten Schritt geht und Anregungen unter anderem aus der Zivilgesellschaft aufnimmt und konkrete Konsequenzen für die Polizeiarbeit in NRW einleitet.“