Düsseldorf. Die Opposition will Behördenfehler erst ab 2017 untersuchen und nimmt erkennbar vor allem Ministerpräsident Wüst ins Visier.
Im Streit um die Aufklärung des A45-Brückendesasters macht die Landtagsopposition aus SPD und FDP ernst. Beide Fraktionen verständigten sich am Dienstag auf einen gemeinsamen Einsetzungsbeschluss für einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss, der die fatalen Fehlentscheidungen der Behörden im Zusammenhang mit der seit nunmehr 15 Monaten gesperrten Sauerlandlinie in Lüdenscheid aufklären soll.
„Wir müssen genau verstehen, wie es zu dem Desaster um die A45-Brücke kommen konnte. Dabei geht es vor allem um die Fragen, was Anlass und Motivation für die Verschiebung des bereits beschlossenen Neubaus waren und wer dafür die politische Verantwortung trägt“, sagte SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty. Man wolle auch Rückschlüsse ziehen, „wie sich solche Infrastruktur-Katastrophen künftig verhindern lassen“.
Opposition will erst ab 2017 untersuchen lassen
Der Untersuchungsausschuss zielt vor allem auf die Rolle des heutigen Ministerpräsidenten Hendrik Wüst (CDU), der bis zum Herbst 2021 als Verkehrsminister amtierte. Der Neubau der A45-Rahmedetalbrücke war eigentlich für 2019 annonciert, wurde dann jedoch verschoben. Ende 2021 führte eine Kontrollmessung zur sofortigen Komplettsperrung, da Ingenieure die Standfestigkeit akut in Gefahr sahen.
Wüst hatte im Landtagswahlkampf 2022 den Eindruck erweckt, der Zustand der Brücke sei Folge von Fehlentscheidungen der rot-grünen Vorgängerregierung. „Ministerpräsident Hendrik Wüst hat permanent öffentlich beteuert, als damaliger Verkehrsminister an einer Entscheidung, den Neubau zu verschieben, nicht beteiligt gewesen zu sein. Die Recherchen von Journalisten haben gezeigt, dass es an dieser Aussage Zweifel gibt“, sagte FDP-Fraktionschef Henning Höne.
Wüst muss wohl mehrmals in den Zeugenstand
Da der Untersuchungsausschuss gerichtsähnliche Befugnisse hat, kommen in den nächsten Monaten sämtliche Projektakten und Unterlagen ans Licht. Es gilt zudem als sicher, dass Wüst mehrmals in den Zeugenstand gerufen wird. Möglicherweise müssen sogar E-Mails aus der Staatskanzlei rekonstruiert werden, die zuletzt überraschend als gelöscht gemeldet worden waren.
Nach dem Willen von SPD und FDP soll der Untersuchungszeitraum erst mit dem Regierungswechsel 2017 beginnen, was der CDU dem Vernehmen nach gar nicht passt, weil damit mögliche Versäumnisse des Wüst-Amtsvorgängers Michael Groschek (SPD) unberücksichtigt bleiben. Da die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zu den wichtigsten Minderheitenrechten gehört, könnten CDU und Grüne lediglich einen zweiten Ausschuss beantragen. Dies wäre jedoch schwer vermittelbar. In der jüngeren Vergangenheit gab es ein solches Kuriosum zuletzt vor fast 25 Jahren beim Skandal um der Oberhausener Trickfilmzentrum HDO.