Düsseldorf. Bis 2030 will NRW flächendeckend Glasfaser haben. Dafür gibt es staatliche Förderungen. Dennoch lässt man der Privatwirtschaft den Vortritt.
NRW gleicht beim Glasfaserausbau einem Flickenteppich. Während in Mülheim nur 2,1 Prozent der Haushalte über einen direkten Anschluss an das Glasfasernetz verfügen, sind es im Kreis Coesfeld 76,4 Prozent. Die Politik hat beim Ausbau der Privatwirtschaft den Vorrang gelassen und will nun dort fördern, wo es sich für Unternehmen nicht lohnt. Nun soll in unterversorgten gefördert werden.
Wo ist die Versorgung schon gut, wo nicht?
Mülheim ist im NRW-Vergleich aus Dezember 2022 mit 2,1 Prozent der Haushalte Schlusslicht. Nach Zahlen des Landes sind auch in Herne oder dem Hochsauerlandkreis weniger als fünf Prozent der Haushalte direkt ans Glasfasernetz angeschlossen. In Duisburg, Düsseldorf, Wuppertal, Krefeld und Hamm sind es weniger als 15 Prozent.
Dagegen glänzen die Kreise Heinsberg, Borken und Mettmann sowie die Stadt Köln mit Quoten von über 50 Prozent, der Kreis Coesfeld sogar mit 76,4 Prozent.
Im Schnitt verfügten im Mitte 2022 insgesamt 18,36 Prozent der Haushalte in NRW über Zugang zum Hochgeschwindigkeits-Internet. Damit liegt NRW im Länder-Vergleich im Mittelfeld. Die Bundes-Zahlen sind noch sechs Monate älter als die aus NRW.
Sind reiche Kommunen im Vorteil?
Beim bisherigen Ausbau scheinen finanziell stärkere Kommunen die Nase vorn zu haben. So zum Beispiel die Stadt Monheim. Seit 2013 ist die Kleinstadt zwischen Düsseldorf und Köln schuldenfrei. Schon ein Jahr später habe das städtische Tochterunternehmen Monheimer Elektrizitäts- und Gasversorgung GmbH (MEGA) Mittel für den flächendeckenden Glasfaserausbau bekommen, wie ein Sprecher der Stadt Monheim berichtet. Der flächendeckende Glasfasernetzausbau sei zu 100 Prozent selbst finanziert worden. „2020 wurde der flächendeckende Ausbau abgeschlossen.“
Gilt bei Glasfaser Privat vor Staat?
Der Ausbau des Glasfasernetzes liegt laut dem NRW-Wirtschaftsministerium überwiegend in der Hand privater Unternehmen wie Telekom, Deutsche GigaNetz oder Deutsche Glasfaser. Die legen oft aber erst los, wenn sich viele Haushalte vorab für Glasfaser entscheiden. Daher ist der Werbe-Aufwand auch groß.
In Düsseldorf (13,1 Prozent) verlässt man sich zum Beispiel auf private Anbieter. Bisher seien keine Fördermittel eingesetzt worden, teilt eine Sprecherin mit. Ziel sei es, eine Glasfaser-Versorgung von mindestens 50 Prozent bis 2025 zu erreichen. „Ob dabei auf eine öffentliche Förderung zurückgegriffen werden muss, lässt sich heute nicht absehen“, so die Sprecherin.
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Ähnlich sieht es im Kreis Coesfeld aus. Weniger als ein Prozent des Glasfasernetzes sei durch Förderung entstanden. „Zum allergrößten Teil erfolgte der Ausbau eigenwirtschaftlich durch die Netzbetreiber“, erklärt ein Kreissprecher. Nach Abschluss laufender und geplanter Ausbauprojekte werde man 92 Prozent der Haushalte angeschlossen haben.
Duisburg (11,7 Prozent Ausbau) verlässt sich auf die Privatwirtschaft. Nur etwa drei Prozent der Anschlüsse seien gefördert worden, so ein Sprecher. Weit über dem Landesschnitt steht Gelsenkirchen mit 48,7 Prozent Ausbau-Quote. Ähnlich wie in Monheim baut hier eine städtische Tochter, Gelsen-Net, seit 2010 das Netz aus.
Mehr als 400 Millionen Euro für den Ausbau: Wo Bund und Land künftig fördern
Dort, wo weder kommunal noch privat ausgebaut wird, gibt es weiße Flecken auf der Karte. In diesen Gebieten soll das Netz mit staatlicher Förderung erweitert werden. Derzeit gibt es laut NRW-Wirtschaftsministerium 590 geförderte Projekte.
Diese Förderung unterstützt der Bund mit bis zu 400 Millionen Euro, wie die Landesregierung mitteilt. NRW Land werde den Ausbau kofinanzieren. Ergänzt werde dies durch einen kommunalen Anteil. „Der Bund übernimmt bis zu 50 Prozent der Ausgaben“, heißt es. Das Land werde, je nach Haushaltslage der Kommune, weitere 30 oder 40 Prozent übernehmen. Kommunen mit einem ausgeglichenen Haushalt tragen 20 Prozent der Ausgaben, finanziell schwächere zehn Prozent.
Der Landkreistag NRW kritisiert dies. Bisher hätten die Kommunen immer zehn Prozent beigesteuert. 20 Prozent seien eine enorme Belastung, erklärt Landrat Theo Melcher (Kreis Olpe, CDU). Es sei zu befürchten, dass sich der Ausbau in den Kreisen verlangsame.
Was kostet Glasfaser?
Glasfaser ist etwas teurer als zum Beispiel DSL. Allein der Anschluss kostet mehrere hundert, zum Teil deutlich mehr als 1000 Euro. Oftmals bietet sich jetzt die Gelegenheit, einen Anschluss ohne Mehrkosten zu bekommen. Die monatlichen Tarife sind abhängig von der Datenmenge. 1000 Megabit pro Sekunde (Mbit/s) kosten zwischen 70 und 80 Euro, 300 Mbit/s gibt es schon für 40 bis 50 Euro. Bisher nutzen viele Haushalte nur bis zu 50 Mbit/s. Das ist weit entfernt von Hochgeschwindigkeits-Internet.
Beim öffentlich geförderten Ausbau ist nach Angaben der Verbraucherzentrale meist ein „Open-Access Zugang“ zum Glasfasernetz Voraussetzung, sodass die Kunden zwischen mehreren Anbietern wählen können. Beim privatwirtschaftlichen Ausbau geht es den Investoren aber darum, die Kunden an sich zu binden.
Wofür braucht man Glasfaser?
Der Glasfaserzugang sei der aktuelle Stand der Technik, erklärt die Verbraucherzentrale (VZ) NRW. „Glasfaser können die immer weiter steigenden und benötigten Bandbreiten liefern. Selbst wenn der aktuelle Anschluss noch ausreicht, sollten Bürgerinnen und Bürger bedenken, dass sich das bald ändern könne. Hierzu tragen unter anderem höhere Auflösungen bei Streamingdiensten und Videotelefonie oder das mobile Arbeiten bei.“ Wenn es eine Gelegenheit zum Anschluss ohne Mehrkosten gebe, „sollte dies nur in Ausnahmefällen abgelehnt werden“, so die VZ. Im Nachhinein sei dies schwieriger oder teurer.
Der direkte Anschluss liegt vor, wenn das Glasfaserkabel bis ins Wohnhaus reicht. „Fibre to the Home“ oder „Fibre to the Building“ kurz FTTH oder FTTB nennen sich diese Anschlüsse, die die höchste Netzwerkgeschwindigkeit versprechen. Dabei endet das Glasfaserkabel in der Wohnung oder im Keller. Anders sieht es aus, wenn das Kabel im Verteilerkasten an der Straße endet (FTTC). Hier wird für die Endverbindung ein altes Kupferkabel genutzt. Damit eine Netzwerkgeschwindigkeit von 1000 Mbit/s erreicht werden kann, wird also eine FTTH- oder FTTB-Verbindung benötigt.