Düsseldorf. Im Kampf gegen den sich verschärfenden Hausärztemangel gibt es viele Ideen, doch vor allem mehr Medizin-Studienplätze sind notwendig.

Im Kampf gegen den sich verschärfenden Hausärztemangel in Nordrhein-Westfalen will Landesgesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) die Zahl der Medizinstudienplätze weiter ausbauen.

„Wir bilden in Deutschland schlicht und ergreifend zu wenig Ärzte aus, obwohl wir diese Frage lösen könnten, denn unsere Abiturientinnen und Abiturienten wollen gerne Medizin studieren. Wir haben auf jeden Studienplatz zehn Bewerbungen“, sagte Laumann am Donnerstag in einer Aktuellen Stunde des Landtags. Nur NRW und Bayern hätten in den vergangenen Jahren im bundesweiten Vergleich die Zahl der Studienplätze nennenswert erhöht.

Von den rund 11.200 niedergelassenen Hausärzten in NRW haben mehr als ein Drittel bereits das 60. Lebensjahr überschritten und gehen in den nächsten Jahren in den Ruhestand. Nach Berechnungen der Kassenärztlichen Vereinigungen werden bis 2030 bereits rund 1165 Hausärzte in der regionalen Versorgung landesweit fehlen. Schon heute nehmen viele Praxen keine Neupatienten mehr auf oder müssen wegen fehlender Nachfolgeregelung aus Altersgründen geschlossen werden.

Mehr Ärzte als Angestellte in Gemeinschaftspraxen

Laumann geht davon aus, dass es in Zukunft zu mehr Gemeinschaftspraxen kommen wird, in denen junge Mediziner aus familiären Gründen nur angestellt und mit reduzierter Stundenzahl arbeiten wollen. Dies erfordere noch mehr Studienkapazitäten, die für die Hochschulpolitik der Länder extrem teuer sind. „Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass auch in diesem Beruf Teilzeitarbeit mehr wird. Und das heißt: Wir brauchen immer mehr Menschen, um auf die gleiche Arbeitszeit zu kommen, die früher die älteren Ärzte, die jetzt ausscheiden, geleistet haben“, so der Minister.

NRW ist zuletzt mit dem Aufbau der neuen medizinischen Fakultät an der Universität Bielefeld und der bundesweit ersten Einführung einer „Landarztquote“ bei der Vergabe von Studienplätzen größere Schritte zur Aufwertung der Allgemeinmedizin gegangen. Die eigene Praxis werde so wieder zu einer Alternative zur Arbeit im Krankenhaus, glaubt Laumann. Inzwischen entschieden sich bereits 15 Prozent der Medizinstudenten für die Fachrichtung Allgemeinmedizin, was eine deutliche Steigerung bedeute. Mit Hilfe von besserer Vernetzung und Digitalisierung wie etwa durch „Telesprechstunden“ könne es gelingen, die Versorgungsstrukturen aufrecht zu erhalten.

Drastische Zunahme allein von Diabeteserkrankungen erwartet

SPD-Gesundheitsexperte Serdar Yüksel kritisierte dagegen, dass der Hausärztemangel seit Jahren nicht entschlossen genug bekämpft werde: „Das ist doch nicht erst seit heute erkennbar.“ Schon Prognosen aus 2010 hätten gezeigt, dass Altersstruktur- und Arztentwicklung einen stetigen Rückgang bei den niedergelassenen Allgemeinmedizinern erwarten lasse. Schon jetzt sei auch absehbar, dass kleine Kurskorrekturen niemals ausreichen werden. Derzeit prognostiziere das Statistische Bundesamt bis 2040 eine Steigerung des Bevölkerungsanteils der über 67-jährigen um bis zu 42 Prozent, so Yüksel. Damit einher gehe allein bei Diabeteserkrankungen ein Anstieg um bis zu 77 Prozent. „Wir können einer solchen fundamentalen Herausforderung nicht mit homöopathischen Dosen begegnen“, sagte der SPD-Politiker.