Düsseldorf. Mit weniger Unterricht will die Gewerkschaft GEW den dramatischen Personalnotstand in NRW bekämpfen. Schulministerin Feller reagiert skeptisch.

Weil in NRW rund 8000 Lehrerinnen und Lehrer fehlen, bringt die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) eine Kürzung des Unterrichts und weniger Klassenarbeiten ins Gespräch. „Wir sollten die Stundentafel und die Lehrpläne an die Wirklichkeit anpassen, also über eine Kürzung reden“, sagte GEW-Landeschefin Ayla Celik am Donnerstag beim Besuch einer Grundschule in Duisburg-Marxloh. Auch die Zahl der Klassenarbeiten gehöre zumindest vorübergehend auf den Prüfstand.

Angesichts des dramatischen Lehrkräftemangels stehe das Land vor einem pädagogischen „Flächenbrand“, warnte Celik. Der NRW-Landesregierung warf sie vor, diesen Brand bloß mit ein paar „Eimern Wasser“ löschen zu wollen. Das Handlungskonzept gegen den Lehrkräftemangel, das NRW-Schulministerin Dorothee Feller (CDU) im Dezember vorstellte, bleibt aus Gewerkschaftssicht weit hinter den Erwartungen zurück.

Ayla Celik, GEW-Vorsitzende für NRW
Ayla Celik, GEW-Vorsitzende für NRW © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

Die vielen Lehrkräfte, die NRW brauche, kämen nur, wenn die Arbeitsbedingungen stimmten. „Dazu könnte eine Reduzierung der Klassenarbeiten genauso beitragen wie die Verschlankung von Curricula“, so Celik. Mit Curricula sind Lehrpläne gemeint. Sie geben vor, welche Kompetenzen Kinder und Jugendliche in den Schulfächern und Schuljahren erreichen sollten. Die GEW glaubt, dass mit so wenig Lehrpersonal die Lehrpläne sowieso nicht mehr eingehalten werden könnten.

Schulministerin Feller skeptisch: „Müssen Standards sichern“

Schulministerin Dorothee Feller reagierte skeptisch: „Bei der Kürzung von Unterrichtsvorgaben müssen wir sehr sensibel sein. Wir müssen Standards sichern, damit unsere Abschlüsse überall anerkannt werden“, sagte sie dieser Redaktion.

Laut Feller ist das Handlungskonzept vielversprechend. Es enthalte viele Maßnahmen zur Personalgewinnung und Entlastungen für Pädagogen wie zum Beispiel Alltagshelfer. Auch das Instrument der Abordnung, also Zwangs-Versetzungen von Pädagogen an Schulen mit Personalmangel, wolle NRW intensiver nutzen.

Maßnahmenpaket zum Lehrkräftemangel in NRW

Im Maßnahmenpaket geht es an keiner Stelle um weniger Unterricht und nur an einer Stelle um weniger Klassenarbeiten: „Zur Entlastung der Lehrkräfte wird die Bandbreite der verpflichtend zu schreibendenden Klassenarbeiten in den Fächern mit Zentraler Prüfung 10 (ZP 10) an allen Schulformen von „4 bis 5“ auf „3 bis 5“ abgesenkt“, heißt es. Der GEW reicht diese „Mini-Entlastung“ aber nicht.

Die SPD-Landtagsfraktion fordert zudem den Ausbau von Familienzentren an Grundschulen. „Hier muss die die Landesregierung deutlich mehr Engagement an den Tag legen“, sagte Fraktionschef Thomas Kutschaty bei einem Besuch an der Wattenscheider Gertrudisschule. Die Zentren sollen Eltern in das Schulgeschehen einbinden. Vor allem in sozial schwachen Stadtteilen mit hohem Migrationsanteil müssten diese Angebote deutlich ausgebaut werden.