Düsseldorf. Wie haben die weitreichenden Behördenbefugnisse in der Pandemie gewirkt? NRW ringt um einen Bericht.

Die FDP-Opposition im Landtag hat der schwarz-grünen Koalition vorgeworfen, die Wirksamkeit der Corona-Maßnahmen nicht gesetzestreu zu überprüfen. So sei dem Parlament noch immer kein Evaluationsbericht zum sogenannten Infektionsschutz- und Befugnisgesetz vorgelegt worden, mit dem die weitreichenden Behördeneingriffe in der Pandemie unabhängig untersucht werden sollen.

„Die Landesregierung hatte die gesetzliche Pflicht, eine Evaluation des Gesetzes vorzulegen. Die Missachtung dieser Pflicht ist respektlos gegenüber dem Parlament und allen Menschen, die sich an Recht und Gesetz halten“, kritisierte FDP-Fraktionschef Henning Höne gegenüber unserer Redaktion.

Schwarz-Grün hat "Corona-Herbststrategie" festgelegt

Tatsächlich schreibt Paragraf 22 des Infektionsschutz- und Befugnisgesetzes der Landesregierung vor, unter Mitwirkung von unabhängigen Wissenschaftlern dem Landtag bis zum 30. Juni 2022 einen Bericht vorzulegen, ob und wie die einzelnen Corona-Maßnahmen überhaupt gewirkt haben. Im Zuge der Pandemiebekämpfungen waren seit 2020 in zahlreichen Gebieten vom Kommunalrecht bis zum Schulrecht neue Eingriffsmöglichkeiten geschaffen worden. Dazu zählten Allgemeinverfügungen, mit denen Betriebe geschlossen, Testverpflichtungen verhängt oder Besuchsregelungen in Pflegeeinrichtungen vorgeschrieben werden konnten. Bislang lässt die Evaluation auf sich warten. In ihrer „Corona-Herbststrategie“ hatte die Landesregierung angekündigt, erst nach den Sommerferien zu liefern.

FDP-Mann Höne ärgert sich über die Nachlässigkeit: „Corona-Schutzmaßnahmen griffen und greifen regelmäßig in Grundrechte und den Alltag der Menschen ein. Eine gründliche Überprüfung der Rechtsgrundlagen ist Voraussetzung für treffsichere und wirksame Schutzmaßnahmen.“ Auf Anfrage unserer Redaktion kündigte ein Sprecher von NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) am Sonntag an, dass der Evaluationsbericht den Landtag noch in dieser Woche erreichen werde.

Erste Auswertung der Corona-Maßnahmen gab es Ende 2020

Erstmals war das Landesrecht im April 2020 an die Maßnahmen zur Pandemie-Bekämpfung angepasst worden. Eine erste Auswertung wurde dem Landtag Ende desselben Jahres vorgelegt. Damals hatte die wissenschaftliche Untersuchung zum Beispiel ergeben, dass von der umstrittenen Möglichkeit der Behörden, im Notfall medizinisches Material und Gerät zu beschlagnahmen, selbst in der Hochphase des Infektionsgeschehens nie Gebrauch gemacht wurde. Außerdem wurde seinerzeit empfohlen, das neu geschaffene „Freiwilligenregister“ in NRW für Fachkräfte aus dem Gesundheits- und Pflegebereich unabhängig von Corona weiter auszubauen.

Die neue schwarz-grüne Koalition hat kurz nach Amtsantritt in ihrer „Corona-Herbststrategie“ die Linie vorgegeben, dass in den kommenden Wochen für neue Schutzmaßnahmen ein Mix aus Indikatoren beobachtet werde. Von zentraler Bedeutung sei dabei die Zahl der Patienten in Krankenhäusern und die Auslastung der intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten. Aber auch Infektionszahlen in Pflegeheimen, 7-Tage-Inzidenz, R-Wert und die Positivquote bei Testungen sollen in die Bewertung einfließen.