Essen. Die „Ruhrgebietskonferenz Pflege“ sieht eine Kostenlawine auf Heimbewohner und Kommunen zurollen. Das System drohe zu implodieren.
Pflegeheimbetreiber aus dem Ruhrgebiet schlagen Alarm. Denn die steigenden Energiekosten, die Inflation und jüngste Entscheidungen zur Pflegefinanzierung führen nach Einschätzung der „Ruhrgebietskonferenz Pflege“ schon bald zu einer Kostenlawine, die unweigerlich auf Heimbewohner und auf die Kommunen zurolle. „Wenn die Politik nicht endlich aufwacht, implodiert das gesamte Pflegesystem“, fürchtet Ulrich Christofczik, Sprecher des Bündnisses aus rund 40 öffentlichen und privaten Pflegeunternehmen aus dem gesamten Ruhrgebiet.
Pflegebranche fordert "Sondervermögen"
Bei der jetzt absehbaren Kostenentwicklung würden Ende nächsten Jahres 100 Prozent der Heimbewohnerinnen und -bewohner ohne staatliche Unterstützung nicht mehr auskommen, ist sich Christofczik sicher. Der Vorstand des Christophoruswerkes und Geschäftsführer der evangelischen Altenhilfe in Duisburg fordert denn auch ein „Sondervermögen Pflege“. Aus dem bestehenden System der Pflege- und Krankenversicherung seien die erwartbaren Kostensteigerungen nicht mehr zu stemmen.
Tarifpflicht ab 1. September
Aus Sicht der „Ruhrgebietskonferenz“ treiben derzeit gleich mehrere Faktoren die Kosten in der Pflege in die Höhe. Ein Grund sei die gesetzlich verordnete Verbesserung der Bezahlung für die Beschäftigten in Pflegeberufen. Für viele Anbieter greift demnach ab dem 1. September eine Tarifpflicht. Die Betriebe rechnen daher mit deutlich mehr Personalkosten. Hinzu kommen Preissteigerungen bei Zulieferern wie Wäschereien, Caterern, Lebensmittellieferanten und Sanitätsfachgeschäften.
Sorgen wegen steigender Energiekosten
Besonders schlagen bei den Heimbetreibern aber offenbar die gestiegenen Energiekosten durch. „Unser Gaslieferant hat uns gerade eine Preiserhöhung von über 1000 Prozent angekündigt“, berichtet Christofczik. Bislang habe das Christophoruswerk für seine Einrichtungen auf dem Pflegecampus in Duisburg-Meiderich 340.000 Euro jährlich für Gas bezahlen müssen. Das aktuell günstigste Angebot für die gleiche Verbrauchsmenge liege nun bei 3,8 Millionen Euro. Umgerechnet auf die Bewohner könne dies Energiekosten von monatlich bis zu 900 Euro pro Kopf bedeuten. Derzeit seien es 180 Euro.
"Ungebremste Preisspirale"
Thomas Eisenreich, Co-Sprecher der „Ruhrgebietskonferenz Pflege“, fürchtet, dass die ohnehin hohen Eigenanteile der Heimbewohner bald nicht mehr zu bezahlen sein werden. Schon heute müssten in NRW die Bewohnerinnen und Bewohner mit einem durchschnittlichen Eigenanteil von monatlich 2500 Euro rechnen. „Wenn die Preisspirale sich so ungebremst weiterdreht, erwarten wir in Zukunft Eigenanteile von bis zu 4000 Euro“, so Eisenreich.