Düsseldorf. Die gute Weizenernte löst nur einen Teil der Probleme der Bauern. Dürre, hohe Energiepreise sowie billiges Schweinefleisch drücken die Stimmung.

Trotz einer „überdurchschnittlich guten“ Weizen- und Rapsernte in diesem Sommer schauen viele Landwirte besorgt in die Zukunft. Klimawandel und explodierende Energiepreise stellen sie vor besondere Probleme.

Die Preise für Düngemittel hätten sich im Jahresvergleich vervierfacht, die für Energie verdoppelt, warnten NRW-Landwirtschaftsministerin Silke Gorißen (CDU) und Karl Werring, Präsident der Landwirtschaftskammer NRW, am Montag bei der Vorstellung der vorläufigen Erntebilanz 2022. Bei Diesel und beim Dünger seien die Einsparmöglichkeiten bereits am Limit.

Vorfahrt für die Landwirtschaft beim Gas?

Gerade die Düngemittel- Produktion, Zuckerfabriken, Molkereien und weitere landwirtschaftliche Branchen hingen in hohem Maße von Gas ab. Ministerin Gorißen forderte daher, die Landwirtschaft bei der Frage der Gasversorgung ohne Wenn und Aber zu priorisieren. Dies sei nicht nur im Sinne der Landwirte, sondern auch im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher.

Ausdrückich begrüßt wurde von Gorißen und Werring der „Kompromiss zugunsten der Ernährungssicherung“, der ein einmaliges Aussetzen der EU-Neuregelungen zu Flächenstilllegung und Fruchtwechsel vorsieht. Demnach sollen unter anderem die eigentlich geplanten zusätzlichen Artenschutzflächen erst 2024 eingeführt werden.

Viel zu trocken für Mais, Zuckerrüben und Kartoffeln

Neben den Auswirkungen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine leiden die Landwirte in diesem Jahr besonders unter der anhaltenden Dürre. Sie gefährdet jenen Teil der Ernte, der jetzt noch auf den Feldern steht. „Das sind vor allem Mais, Kartoffeln und Zuckerrüben“, erklärte Karl Werring. „Ein einzelner Schauer wäre hier nur ein Tropfen auf dem heißen Stein“, sagte er. Auf manchen Böden sei der Mais schon vollständig verdorrt. Die eher leichten Böden am Niederrhein seien bei ausbleibendem Regen im Nachteil gegenüber den schweren Böden in der Soester Börde oder in der Köln-Aachener Bucht.

Mit dem Ergebnis der Getreideernte seien die Bauern hingegen „sehr zufrieden“. Der Weizen legt im Vergleich zum Vorjahr 17,5 Prozent zu, Getreide insgesamt um elf Prozent. Der Proteingehalt des Weizens -- ein Indikator für die Qualität -- ist allerdings wetterbedingt nicht so hoch wie üblich. Die Menge der Ernte mache diesen Nachteil aber wett, so die Landwirtschaftskammer. Vom aktuell hohen Weizenpreis profitierten nicht alle Landwirte, die Weizen produzieren, da ein Teil der Ernte schon vorher zu einem niedrigeren Preis verkauft worden sei.

Saatgut: Bauern wünschen sich einen volleren "Instrumentenkasten" inklusive Gen-Schere

Zwar steigen die Preise für Lebensmittel, aber die Erlöse kämen nur zum Teil bei den Landwirten an, zum Beispiel bei Milch und Getreide. Anders sei dies beim Schweinepreis. Zwei Euro pro Kilo Schlachtgewicht seien angesichts der hohen Futterkosten zu wenig. Viele Betriebe dürften bald aus diesem Geschäft aussteigen, vermutet Werring.

Bei der Herstellung von Saatgut, das dem Klimawandel trotzt, wünschen sich manche Landwirte einen volleren „Instrumentenkasten“. Dazu gehöre auch die „Gen-Schere“, über deren Zulassung die Politik zu entscheiden habe, so Werring. Viele Landwirte seien zur Arbeit mit gentechnisch verändertem Saatgut bereit, wenn sie sich dabei nicht von Großkonzernen abhängig machen müssten.