Düsseldorf. Der Tod eines 16-jährigen Senegalesen, der mit einer Maschinenpistole erschossen wurde, ist nächste Woche Thema im Landtag.

Im Fall der tödlichen Polizeischüsse auf einen 16-Jährigen in Dortmund erhöht die SPD-Opposition den Druck auf Innenminister Reul (CDU) deutlich: Am Dienstag, 23. August, wird sich der Hauptausschuss des Landtags auf Antrag der SPD in einer Sondersitzung mit dem „Sachstand der polizeilichen Vorkommnisse in Dortmund“ beschäftigen. Die Landesregierung soll dann Rede und Antwort stehen. Der Hauptausschuss ist zuständig, da sich der Innenausschuss des neuen Landtags noch nicht konstituiert hat.

SPD-Kritik: Innenminister informiere "zu oberflächlich"

Ein Bericht, den Minister Reul nach einer Aufforderung von SPD-Fraktionsvize Elisabeth Müller-Witt vor Kurzem den Spitzen der Landtagsfraktionen geschickt hatte, ist laut Müller-Witt „enttäuschend“ und „sehr oberflächlich“. Er habe keine neuen Informationen enthalten, auch nicht darüber, warum die Körperkameras (Body-Cams) der elf in Dortmund eingesetzten Polizeibeamten offenbar nicht eingeschaltet worden waren. Das NRW-Innenministerium hatte erklärt, dass Polizisten keine Suizide filmen dürften.

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Die Liste der Fragen, die beantwortet werden müssten, werde immer länger, so die Vize-Fraktionsvorsitzende. Sie berühren auch die Tatsache, dass der 16-jährige Senegalese, der offenbar psychische Probleme hatte und die Beamten mit einem Messer bedrohte, am 8. August nach dem Einsatz von Pfefferspray und zwei Elektroschockgeräten (Taser) mit fünf Kugeln aus einer Maschinenpistole erschossen wurde.

War es ein "Feuerstoß" oder einzeln abgegebene Schüsse?

Das Schussbild sei möglicherweise typisch für einen „Feuerstoß“, bei dem mehrere Schüsse auf einmal auf ein Ziel abgegeben werden. Die Umstände dieses Schusswaffeneinsatzes, die Frage, ob die Polizistinnen und Polizisten gemäß den Vorschriften gehandelt haben und ob es Lücken bei den Dienstvorschriften gebe, müsse schnell geklärt werden. Innenminister Reul hatte zuvor betont, dass für den Beamten, der geschossen hatte, bis zum Beweis des Gegenteils die Unschuldsvermutung gelte.

Müller-Witt betonte, dass es eine von Polizei und Justiz unabhängige Stelle in NRW geben müsse, die in Fällen, in denen Polizisten im Verdacht stehen, sich nicht unkorrekt verhalten zu haben, ermittelt. Laut der Gewerkschaft der Polizei in NRW (GdP)besteht kein Anlass, eine solche Stelle einzurichten.

Forscher: "Struktureller Rassismus spielt eine Rolle bei der täglichen Polizeiarbeit"

Der Bochumer Rassismus-Forscher Prof. Karim Fereidooni, der zusammen mit bisher rund 30.000 Unterzeichnern eine Online-Petition für eine Aufklärung des Falles durch den Landtag unterschrieben hat, sagte dieser Redaktion: „Struktureller Rassismus spielt eine Rolle bei der täglichen Polizeiarbeit.“

Viele Menschen mit Migrationshintergrund würden die Polizei als Gefahr wahrnehmen. „Es darf nicht sein, dass ein Teil der Bevölkerung Angst haben muss, wenn sie in eine Polizeikontrolle gerät“, so Fereidooni. Die von 60 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern initiierte Petition soll die Landespolitik und Innenminister Reul dazu bringen, beim Thema Rassismus und Polizei genauer hinzusehen.

Nötig seien laut Fereidooni neben der Aufklärung des Falles in Dortmund und einem unabhängigen Polizeibeauftragten auch eine Studie über Rassismus und Gewalt bei der NRW-Polizei sowie „rassismuskritische Fortbildungen“.