Düsseldorf. Forscher fordern den Landtag per Online-Petition zur Gründung einer Untersuchungskommission auf. Innenminister betont die Unschuldsvermutung.

Die Diskussion über den umstrittenen Polizeieinsatz in Dortmund, bei dem ein mit einem Messer bewaffneter 16-Jähriger mit einer Maschinenpistole erschossen wurde, reißt nicht ab.

60 Forscherinnen und Forscher, viele von ihnen aus Nordrhein-Westfalen, wollen mit einer Online-Petition erreichen, dass der Landtag eine unabhängige Untersuchungskommission einsetzt, in der neben Vertretern von Migranten-Organisationen auch „unabhängige“ Kriminologen, Juristen, Gewerkschafter und Polizeikräfte sitzen sollten.

Bisher mehr als 24.000 Online-Unterschriften

„Aufgrund des schwerwiegenden Verdachtes, dass beim Tod des sechzehnjährigen Mouhamed D. unprofessionell gehandelt und der Jugendliche ohne Not oder gar aus rassistischen Motiven getötet worden sein könnte, braucht es eine vom Landtag beauftragte und autorisierte unabhängige Untersuchungskommission, welche den Tod des Jugendlichen untersucht“, heißt es in der Petition auf der Plattform „Change.org“, die bis Dienstag mehr als 24.000 Online-Unterschriften zählte.

Den Jugendlichen aus dem Senegal hatten Anfang August im Innenhof einer Dortmunder Jugendhilfeeinrichtung fünf Kugeln aus einer Polizeiwaffe getroffen. Der Einsatz von Pfefferspray und Elektroschockern (Tasern) durch die Polizei zeitigte zuvor nicht die gewünschte Wirkung. Der Jugendliche war offenbar suizidgefährdet.

Am vergangenen Freitag nahmen in Dortmund rund 500 Menschen an einer Trauerfeier für den erschossenen Jugendlichen teil.

Wissenschaftler: "Polizeieinsatz erscheint unprofessionell"

Die Initiatoren der Petition, unter ihnen 30 Professorinnen und Professoren aus verschiedenen Fachgebieten, sagen, es gebe noch viele offene Fragen. Der Einsatz und die Tötung des Jugendlichen aus dem Senegal erscheinen aus ihrer Sicht „absolut unverhältnismäßig und unprofessionell“.

Polizisten schalteten ihre Körperkameras während des Einsatzes nicht an

Für Irritationen sorgt in der Landespolitik auch die Tatsache, dass die Polizeibeamten bei dem tödlichen Einsatz ihre Bodycams (Körperkameras) nicht eingeschaltet hatten. Diese Aufnahmen hätten die Aufarbeitung des Falls erleichtern können.

NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) antwortete unterdessen auf ein Schreiben der stellvertretenden SPD-Fraktionschefin Elisabeth Müller-Witt und fasste die Vorgänge in Dortmund in einem Brief, der der dpa vorliegt, kurz zusammen. Das Schreiben ging in Kopie an die Chefs der übrigen Landtagsfraktionen.

Innenminister Reul warnt vor Vorverurteilungen

Reul fasste in dem Schreiben die bereits bekannten Details zusammen und betonte die Unschuldsvermutung, die für den Polizisten mit der Maschinenpistole gelte. Das Landeskriminalamt begleite die Ermittlungen der Mordkommission aus Recklinghausen, was eine „zusätzliche neutrale Ermittlungsinstanz“ darstelle.

SPD-Politikerin Müller-Witt zeigte sich mit Reuls Schreiben nicht zufrieden. Noch immer seien „viele Fragen offen“. Zu den Bodycams habe Reul „kein Wort“ gesagt. Daher werde sich der Landtag „mit diesem schrecklichen Fall selbstverständlich weiter befassen müssen.“ (mit dpa)