Düsseldorf. Seit Monaten plagen sich die Gesundheitsämter mit ungeimpften Mitarbeitern aus Praxen und Pflegebranche herum. War alles umsonst?
Die mögliche Kehrtwende bei der einrichtungsbezogenen Corona-Impfpflicht hat bei den nordrhein-westfälischen Kommunen Verärgerung ausgelöst. „Die einrichtungsbezogene Impfpflicht war von Anfang an zu bürokratisch angelegt. Darauf haben wir an unterschiedlichen Stellen immer wieder hingewiesen“, sagte der Vorsitzende des Städtetages NRW und Essener Oberbürgermeister, Thomas Kufen (CDU), unserer Redaktion.
Es helfe nicht weiter, dass die Verpflichtung zur Impfung für medizinisches und pflegerisches Personal nun nur noch zeitlich befristet und bis Ende dieses Jahres gelten solle. „Dieser Schlingerkurs erstaunt vor dem Hintergrund, dass wir spätestens ab dem Herbst die Bürgerinnen und Bürger wieder verstärkt dazu aufrufen werden, eine Schutzimpfung gegen das Coronavirus in Anspruch zu nehmen. Wer soll das verstehen?“, so Kufen weiter.
Laumann hält Impfpflicht nicht mehr für "Nonplusultra"
NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) hatte zuletzt die Vorschriften in Frage gestellt: „Wir wissen heute: Die Impfung schließt Ansteckungen nicht aus. Daher bin ich schon der Meinung, dass die einrichtungsbezogene Impfpflicht in der jetzigen Situation nicht mehr das Nonplusultra ist.“ Der Bund solle die Impflicht auf den Prüfstand stellen und nicht über das Jahresende hinaus verlängern.
Ähnlich hatte sich die Krankenhausgesellschaft eingelassen. Bei der Einführung sei man von der Virus-Variante Delta ausgegangen und habe sich von einer Impfpflicht für das Personal eine hohe Schutzwirkung für besonders gefährdete Person in medizinisch-pflegerischen Einrichtungen versprochen. Inzwischen ist klar, dass sich auch dreifach Geimpfte sich mit der neuen Variante Omikron anstecken können und dabei selbst zwar in der Regel nicht so schwer erkranken, das Virus aber weitertragen können. Außerdem dürfen ohnehin Angehörige und Besucher weiterhin ungeimpft in die Heime und Krankenhäuser kommen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat das weitere Vorgehen noch offengelassen.
Tausende Verwaltungsvorgänge liegen in Kommunen
Für die Kommunen ist das Hin und Her mit großem Verwaltungsaufwand verbunden. Seit dem 16. März dürfen in Krankenhäusern, Arztpraxen und Pflegeheimen offiziell nur noch vollständig gegen Corona geimpfte Beschäftigte arbeiten. Zwar wird in medizinisch-pflegerischen Berufen die Impfquote auf weit über 90 Prozent geschätzt, doch aufgrund der hohen Gesamtzahl der Beschäftigten gibt es in den Gesundheitsämtern Tausende Einzelfallprüfungen zu bearbeiten. Nach Angaben des NRW-Gesundheitsministeriums wurden landesweit mehr als 20.000 Beschäftigte ohne vollständigen Impfschutz gemeldet, die zurzeit noch im Verfahren stecken.
Die Städte müssen zu den Ungeimpften Kontakt aufnehmen, eine Anhörung organisieren und bei Nicht-Rückmeldung Bußgelder bis zu 2500 Euro verhängen. Bevor ein Betretungs- und Tätigkeitsverbot tatsächlich ausgesprochen wird, kann der Arbeitgeber angesichts des Fachkräftemangels noch die Unabkömmlichkeit der Betroffenen für den Betrieb geltend machen.