Essen. In manchen Schulen im Revier haben 75 Prozent der Schülerinnen und Schüler Zuwanderungsgeschichte. Experten fordern einen besseren Sozialindex.
Im vergangenen Schuljahr hatte 40 Prozent der Schülerinnen und Schüler in NRW eine Zuwanderungsgeschichte. Das waren knapp 964.200 Kinder und Jugendliche von insgesamt 2,4 Millionen Schülern an allgemeinbildenden und beruflichen Schulen. Laut Landesstatistikamt IT.NRW bedeutet dies einen Zuwachs von 0,6 Prozent. Zahlen von eingeschulten Kindern aus der Ukraine flossen noch nicht in die Schulstatistik für das Jahr 2021/22 ein.
Je nach Schulform gab es deutliche Unterschiede. An den Hauptschulen war die Quote landesweit mit 64,1 Prozent am höchsten, gefolgt von Realschulen (51 %) und Gesamtschulen (47 %). An Grundschulen hatten demnach 45 Prozent der Kinder einen Migrationshintergrund. Im Vergleich der Städte kamen Gelsenkirchen (55,4 %) und Duisburg (55,3 %) auf die höchsten Werte. Am niedrigsten waren die Quoten in den Kreisen Coesfeld (18,5 %) und Borken (23,6 %).
Mehr Unterstützung gefordert
Angesichts der unterschiedlichen Anforderungen fordern Bildungsverbände mehr Unterstützung für Schulen in sozial schwierigen Lagen. „Deswegen ist es notwendig, den schulscharfen Sozialindex schnellstmöglich weiterzuentwickeln, wie das im Koalitionsvertrag vereinbart wurde“, sagte Stefan Behlau, NRW-Vorsitzender des Verbands Bildung und Erziehung (VBE).
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Als Personen mit Zuwanderungsgeschichte gelten in der Schulstatistik Schülerinnen und Schüler, die im Ausland geboren sind, außerdem Schüler, von denen mindestens ein Elternteil im Ausland geboren und nach Deutschland gekommen ist.
Höhere Quoten im Ruhrgebiet
In vielen Schulen im Ruhrgebiet haben deutlich mehr als die Hälfte aller Schülerinnen und Schüler eine Zuwanderungsgeschichte. Beispiel Duisburg: Über alle Schulformen hinweg sitzen 55,3 Prozent Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund in den Klassenzimmern. Je nach Schulform ergibt sich ein anderes Bild. An den Grundschulen beträgt die Quote laut IT.NRW 65,2 Prozent, an Hauptschulen 75,7 Prozent, an Realschulen 71,3 Prozent , an Gesamtschulen 64,8 und an Gymnasien 50,9 Prozent. Ähnlich ist der Trend bei der Verteilung auf die Schulformen in Essen, Oberhausen, Herne oder Gelsenkirchen.
Entscheidend für einen Schulerfolg sei nicht nur die Integration der Schülerinnen und Schüler verschiedener Herkunft, sondern vor allem der soziale Status eine Familie, betont GEW-Landesvorsitzende Ayla Celik. „Gerade in manchen Teilen des Ruhrgebiets, aber nicht nur dort, erleben wir verfestigte Armutslagen. Auf den Punkt gebracht: Das Problem heißt Armut, nicht Migrationsbezug“, sagt Celik.
Sozialindex nachschärfen
Dass Menschen mit Migrationshintergrund überproportional von Armut betroffen sind, „sollte uns als Gesellschaft zu denken geben, inwiefern wir gleiche Teilhabechancen ermöglichen“. Daher müsse der Sozialindex, der Schulen in herausfordernden Lagen mit mehr Personal und Mitteln unterstützt, mit deutlich mehr Mitteln und Fachkräften ausgestattet werden, so die GEW-Landesvorsitzende. VBE-Vorsitzender Behlau stimmt ihr zu. Neben mehr Lehrkräften sei zudem ein „massiver Ausbau der Schulsozialarbeit“ nötig, erklärt Behlau.
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Der von der vorherigen Landesregierung eingeführte Sozialindex habe die Erwartungen nicht erfüllt, sagt Rainer Dahlhaus vom Verband der Gesamtschulen in NRW (GGG) dieser Redaktion. Statt „schulscharf“ müsse mit dem Sozialindex „schülerscharf“ die Belastung an den Schulen gemessen werden.
Dahlhaus erklärt: „Auf Landesebene ist bekannt, wie viele Kinder und Jugendliche Hartz IV beziehen. Wenn man dies mit den amtlichen Schuldaten verknüpfen würde, hätte man einen aussagekräftigen Sozialindex.“ Dann wäre sichtbar, wie viele Kinder an einer Schule von Armut betroffen sind und könnte entsprechend gegensteuern. Das Problem: Diese Daten miteinander zu verknüpfen, sei derzeit gesetzlich nicht möglich. „Dann würde die Politik den Handlungsbedarf deutlich vor Augen geführt bekommen.“