Düsseldorf. NRW-Regierung erhöht Druck auf den Bund. Mehr Sicherheitskontrollen sollen in Düsseldorf besetzt werden. Rat: “Flugärger-App“ nutzen.
Kurz vor dem Start der Sommerferien hat das NRW-Verkehrsministerium den Bund aufgefordert, die mitunter chaotischen Zustände an den Flughäfen Düsseldorf und Köln/Bonn in den Griff zu bekommen. „Es muss dringend dafür gesorgt werden, dass die Menschen in Nordrhein-Westfalen in akzeptabler Zeit durch die Kontrollstellen kommen“, sagte ein Sprecher von Verkehrsministerin Ina Brandes (CDU) am Mittwoch. Die hohen Passagierzahlen rund um die Sommerferien hätten sich lange angekündigt.
Am Mittwochabend - also noch vor Ferienanfang - eskalierte die Situation am Düsseldorfer Flughafen. Lesen Sie hier: Mit Video: Chaos und Tumulte noch vor dem Ferienstart
Personalmangel trifft auf steigende Reise-Nachfrage
Allein der Flughafen Düsseldorf rechnet am ersten Ferienwochenende mit mehr als 200.000 Passagieren. Die klassischen Ferienflüge müssen damit praktisch wieder unter Volllast abgewickelt werden; lediglich der Langstrecken- und Geschäftsverkehr leidet noch unter den Folgen der Corona-Flaute. Seit Wochen sorgen lange Schlangen an den Sicherheitskontrollen, mehrstündige Wartezeiten beim Check-In und Probleme bei der Gepäckentladung für negative Schlagzeilen. Hinzu kommen Engpässe bei Fluggesellschaften, die personell ausgedünnt sind und wegen Corona-Erkrankungen in ihren Crews kurzfristig Flüge streichen müssen.
Die Sicherheitskontrolle wickelt in Düsseldorf der private Sicherheitsdienstleister DSW im Auftrag der Bundespolizei ab. Es fehlt aber an qualifiziertem Personal, um in Spitzenzeiten alle Kontrollstraßen zu bedienen. Einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zufolge fehlen bundesweit an Flughäfen 7200 Fachkräfte. Es gebe keine Reserven mehr am Arbeitsmarkt, um die Lücken beim Luft- und Bodenpersonal zu füllen, so die Autoren.
Zusätzliche Sicherheitsfirma für den Flughafen Düsseldorf
Nach Informationen der NRZ soll nun zum Start der Sommerferien in Düsseldorf eine zusätzliche Sicherheitsfirma tätig werden. „Das Unternehmen wird drei Kontrollspuren besetzen“, wird ein Sprecher der Bundespolizei zitiert. Das bislang noch ungenannte Unternehmen habe qualifizierte Luftsicherheitsassistenten, bringe Erfahrungen von anderen Flughäfen mit und habe seine Dienstleistung aktiv bei der Behörde angeboten.
„Die Beteiligung einer zweiten Firma ist das Eingeständnis, dass die Vergabe der Sicherheitskontrollen an gewinnorientierte Unternehmen gescheitert ist. Falls es sich nur um eine Handvoll Sicherheitsdienstler zusätzlich in Düsseldorf handeln sollte, werden wir in den kommenden Tagen erneut lange Warteschlangen im Airport sehen“, sagte Verdi-Gewerkschaftssekretär Özay Tarim auf Anfrage. 40 bis 50 ausgebildete Kontrolleure müssten als Verstärkung kommen, weniger seien „nur ein Tropfen auf den heißen Stein“.
Die Landesregierung sieht vor allem Berlin in der Pflicht: „Leider warten die Länder seit Jahren auf eine vom Bund angekündigte Reform der Passagierkontrolle. Das Thema wird auch wiederholt im Rahmen der Verkehrsministerkonferenzen angesprochen – leider bisher ohne Konsequenz“, so der Sprecher des Verkehrsministeriums.
Staat vor Privat?
Die SPD-Opposition im Landtag fordert seit langem, die seit 1993 privatisierten Sicherheitskontrollen wieder zu einer staatlichen Aufgaben zu machen und nicht länger als Geschäftsmodell für gewinnorientierte Sicherheitsunternehmen anzubieten. Bayern hat mit einer staatlichen Gesellschaft, die Personal großzügiger einstellt und flexibler einsetzen kann, gute Erfahrungen gemacht.
Der Bund müsse kurzfristig Abhilfe schaffen und für Sicherheitskontrollen auch Kräfte der Bundespolizei abstellen, sofern sie über eine Ausbildung als Luftsicherheitsassistenten verfügen.
Kostenlose "Flugärger-App" hilft genervten Passagieren
Zuletzt hatten sogar Passagiere ihre Flüge verpasst, die sich mehrere Stunden vor dem Boarding in der Abflughalle angestellt hatten. Anwaltskanzleien raten Reisenden bereits, das Eintreffen im Flughafengebäude per Foto mit Zeitstempel zu dokumentieren, um später leichter Entschädigungszahlungen einfordern zu können. Das NRW-Verkehrsministerium verweist derweil auf die kostenlose „Flugärger-App“ des Landes. Damit könnten gebeutelte Passagiere ihre Entschädigungsansprüche einfach und kostenlos über ihre Fluggastrechte prüfen lassen.
Die kleineren NRW-Flughäfen Dortmund und Münster/Osnabrück, die in die Zuständigkeit der Bezirksregierungen fallen, erwarten nach eigenen Angaben zum Ferienstart keine Probleme.