Düsseldorf. Der Bund soll Registrierung und Verteilung organisieren, das Land Geld und Plätze bereitstellen - es wartet ein kommunaler Kraftakt.
Angesichts immer mehr Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine, die in NRW Schutz suchen, rufen die Städte nach einem geordneten Verteilungsverfahren. „Der Bund muss mehr dafür tun, um Menschen bereits an der Grenze zu Polen zu registrieren und nach vorhandenen Aufnahmekapazitäten auf die Kommunen in Deutschland zu verteilen“, forderte Essens Oberbürgermeister und Städtetags-Vize Thomas Kufen (CDU) am Montag.
Da Ukrainer ohne Visum in die EU einreisen und ihren Aufenthaltsort zunächst frei wählen können, gibt es für Bund und Land bislang nur begrenzte Steuerungsmöglichkeiten für die Flüchtlingsströme. „Deshalb muss eine Wohnsitzauflage intensiv geprüft werden, damit alle Kommunen in allen Bundesländern Mitverantwortung zur Unterbringung, Versorgung und Integration leisten können“, sagte Kufen. Die Städte erwarteten von der Landesregierung, dass die Plätze in den Landeseinrichtungen schnell aufgestockt werden. Selbst in großen Kommunen wie Essen gibt es nur noch wenige Notfallplätze, obwohl die meisten Ukrainer bislang privat bei Bekannten oder Verwandten unterkommen. Mehr als ein Drittel der Geflüchteten ist ersten Schätzungen zufolge minderjährig, so dass sich die Frage von Beschulung und Betreuung rasch stellen wird.
SPD fordert Übernahmegarantie für kommunale Kosten
NRW-Flüchtlingsminister Joachim Stamp (FDP) forderte am Montag im „Deutschlandfunk“ die bundesweite Bereitstellung von einer Million Betten und regte einen Bund-Länder-Gipfel an: „Das werden wir als Land alleine mit den Kommunen nicht hinbekommen.“ Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) nannte erstmals die Zahl von acht Millionen Kriegsflüchtlingen, auf die sich die EU angesichts des immer brutaleren russischen Angriffskrieges einstellen müsse.
SPD-Landeschef Thomas Kutschaty forderte eine „Übernahme-Garantie“ des Landes NRW für alle Kosten, die den Kommunen durch die Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine entstehen. Damit könnten die Städte zum Beispiel in mobile Flüchtlings-Wohnungen investieren, ohne befürchten zu müssen, auf den Kosten sitzen zu bleiben. „Sie brauchen jetzt diese Sicherheit“, sagte Kutschaty am Montag.
NRW müsse darüber hinaus „perspektivisch“ 50.000 zusätzliche Plätze in Landes-Aufnahmeeinrichtungen schaffen. Dort könnten ankommende Flüchtlinge im Auftrag des Landes zentral registriert werden und somit die Voraussetzung erhalten für Sozialleistungen, medizinische Versorgung und Kinderbetreuung. In der Flüchtlingskrise 2015/16 habe das Land NRW sogar rund 110.000 Erstaufnahme-Plätze zur Verfügung gestellt.