Essen. In NRW haben städtische Kita-Beschäftigte für mehr Lohn gestreikt. Die Verhandlungsführerin der Arbeitgeber findet den Zeitpunkt falsch.

In NRW sind am Dienstag über 8000 Erzieherinnen und Erzieher an kommunalen Kitas und andere Beschäftigte sozialer Berufe dem Aufruf der Gewerkschaft Verdi gefolgt und haben für bessere Arbeitsbedingungen und ein höheres Einkommen ihre Arbeit niedergelegt. Damit wollten sie den Druck in den laufenden Tarifverhandlungen für den Sozial- und Erziehungsdienst der Kommunen erhöhen. Gelsenkirchens Oberbürgermeisterin Karin Welge (SPD), Präsidentin der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA), erklärt, warum sie den Zeitpunkt für falsch hält und sogar eine Annäherung erwartet.

Frau Welge, nach zwei Corona-Jahren sind viele Kita-Eltern an ihrer Belastungsgrenze. Nun streiken Erzieherinnen. Wieso kommen Sie den Verdi-Forderungen nach mehr Lohn nicht entgegen, um solche Schließungen zu verhindern?

Karin Welge: Wie kommen Sie darauf, dass das so ist? Wir hatten bislang lediglich eine Verhandlungsrunde, die wir intensiv genutzt haben und Verdi den sehr umfangreichen Forderungskatalog konkretisiert hat. Wir haben Gesprächsbereitschaft in einigen wichtigen Punkten signalisiert und die Themen für den Folgetermin mit den Gewerkschaften vereinbart. Ich bin deshalb sehr erstaunt, dass nach einem Auftaktgespräch und zwei Jahren Pandemie gestreikt wird.

Verdi fordert nach diesen zwei Ausnahmejahren mehr Anerkennung und will erreichen, dass Sozialarbeiterinnen und Erzieher in den Gehaltsgruppen höher als bisher eingestuft werden. Dadurch würden die Beschäftigten mehr Geld verdienen. Warum lehnen Sie das ab?

Die Verhandlungen für den Sozial- und Erziehungsdienst sind Sondertarifverhandlungen. Die Beschäftigten profitieren also bereits von den regulären Tarifverhandlungen. Und ihre Löhne sind im Vergleich zu anderen Bereichen des öffentlichen Dienstes bereits überproportional gestiegen. Das zeigt, dass wir die Arbeit der Beschäftigten durchaus wertschätzen und da, wo Anforderungen gestiegen sind, verschließen wir uns dem auch nicht.

Die Beschäftigten wollen aber mehr, auch einen Rechtsanspruch auf Qualifizierung. Da spricht doch nichts gegen, oder?

Mir ist kein einziger Fall bekannt, in dem einer Mitarbeiterin im Erziehungsdienst eine Qualifikation verwehrt worden wäre. Verdi geht es hier ja vielmehr um Freistellungen von mehreren Wochen und da sage ich: Das könnte bedeuten, dass uns wieder Fachkräfte zeitweise fehlen und damit die Personalsituation in den einzelnen Kitas erschwert würde.

Was setzen die Arbeitgeber dem Fachkräftemangel also entgegen?

Der Fachkräftemangel ist nichts, was wir in einer einzelnen Sonder-Tarifrunde klären können. Ich glaube viel eher, dass wir in den nächsten Jahren eine gesamtgesellschaftliche Debatte darüber führen müssen, wie wir Kitas ausgestalten und welche Ressourcen wir dazu brauchen.

Die zweite Verhandlungsrunde findet am 21. März statt. Was bieten die Arbeitgeber an?

Über die Inhalte der Verhandlungen sprechen wir mit unserem Verhandlungspartner. Aber ich bin guter Dinge, dass es am Ende zu einer Annäherung kommen wird.