Düsseldorf. Zu viele Bahnhöfe in NRW seien “Angsträume“, sagten Experten im Landtag. Sie schlagen mehr Überwachung und Waffenverbotszonen vor.
Experten haben am Donnerstag in einer Anhörung im Landtag den verheerenden Zustand vieler Bahnhöfe in NRW kritisiert. Kriminalität, Müll und „Mauseloch-Unterführungen“ schreckten Fahrgäste ab und bremsten die Verkehrswende. Vertreter der Deutschen Bahn NRW forderten ein „Gesamtkonzept“, das auch das Bahnhofsumfeld einschließen müsse.
José Luis Castrillo vom Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) empfahl, den Blick auch auf die kleinen Haltepunkte abseits der Großstädte zu richten, Gerade weibliche Kunden fühlten sich in den Abendstunden in ländlichen Stationen unwohl. Generell müsse Information und Service größer geschrieben werden.
Weit davon entfernt, "Wohlfühlorte" zu sein
Lothar Ebbers vom Fahrgastverband Pro Bahn NRW kritisierte den baulichen Zustand der oftmals veralteten Bahnhöfe. In den Niederlanden seien viele Stationen zu „Wohlfühlorten“ umgestaltet worden. Dagegen sei der Hauptbahnhof Essen trotz Umbau nicht für die angestrebte Verdoppelung der Verkehrsströme geeignet.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) in NRW wies auf eine Umfrage zur Situation im Hauptbahnhof Münster aus dem Jahr 2019 hin, die sich auf viele andere Stationen im Land übertragen lasse. Ergebnis: 49 Prozent der Befragten fühlten sich eher unsicher an diesem Ort, und nahezu jeder Zweite hatte Angst, dort Opfer einer Straftat zu werden.
Was nützt Videoüberwachung, wenn keiner zuschaut?
Videoüberwachung sei laut GdP nun sinnvoll, wenn die Aufnahmen permanent beobachtet würden. Das Kompetenzcenter Sicherheit des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr (VRR) bestätigte, Insbesondere die großen Bahnhöfe in NRW seien „überproportional und in zu hohem Maße“ von Kriminalität betroffen.
Die Anhörung bezog sich auf Anträge von SPD und Grünen. Die Sozialdemokraten wollen Waffenverbotszonen an großen Bahnhöfen wie in Essen, Dortmund und Bochum sowie mehr Videoüberwachung und eine bessere Zusammenarbeit der Sicherheitskräfte. Eine neu zu schaffende „Bahnhofsaufsicht“ soll sich um kleine und mittlere Haltepunkte kümmern. Eine Verkehrswende mit Stärkung des Schienenverkehrs sei nur möglich, wenn sich die Menschen in die Bahnhöfe trauten. Die Grünen fordern generell den Umbau von „Angsträumen“, zu denen auch Bahnhöfe zählen, zu sicheren und attraktiven Orten. FDP-Innenexperte Marc Lürbke sagte, am Ende helfe nur Sichtbarkeit und Ansprechbarkeit von Personal.
60 Prozent der Bahnhöfe in einem schlechten Zustand
Laut dem Stationsbericht des VRR von 2021 sind rund 60 Prozent aller Bahnhöfe innerhalb des Verkehrsverbunds in einer schlechten Verfassung. Müll, Graffiti und andere Verschmutzungen sowie bauliche Mängel führen zu den schlechten Ergebnissen. Die Nahverkehr Rheinland GmbH (NVR) hat vergleichbare Mängel festgestellt.