Düsseldorf. Im Innenministerium gab es frühe Erkenntnisse, dass Hochwasser-Warnungen versickerten. Den Minister erreichte die Info nicht.

Bei der Aufarbeitung der verheerenden Flutkatastrophe vom vergangenen Juli hat das NRW-Innenministerium den Landtag nicht über Mängel in der Alarmkette informiert. Wie erst jetzt in einer Sitzung des Untersuchungsausschusses herauskam, wurden interne Verbesserungsvorschläge für den Umgang mit Hochwasser-Warnungen offenbar nicht an Innenminister Herbert Reul (CDU) gemeldet.

Schon Tage vor der Katastrophe, die 49 Menschen in NRW das Leben kostete, hatte der Deutsche Wetterdienst Unwetterwarnungen verschickt. Diese wurden vom Landesamt für Natur-, Umwelt- und Verbraucherschutz (LANUV) in hydrologische Lageberichte zu konkreten Hochwassergefahren übersetzt und an die Bezirksregierungen versendet. So wurde darin bereits am Morgen des 14. Juli vor „sprunghaft, teilweise extrem ansteigenden Wasserständen“ gewarnt. Die Berichte erreichten jedoch nie die kommunalen Katastrophenschützer.

Regierungspräsidentin sah Verbesserungsbedarf bei Meldeketten

Einen Monat nach der Flut schrieb deshalb die Regierungspräsidentin in Münster, Dorothee Feller (CDU), an eine Abteilungsleiterin im Innenministerium über die erkannten Mängel: „Wir sind gemeinsam der Auffassung, dass der hydrologische Lagebericht auf kurzem Wege die Kreisleitstellen erreichen muss, die dann ihrerseits im Rahmen der kommunalen Selbstverantwortung bei zu erwartenden gefährlichen Lagen entsprechende Warnungen aussprechen und Maßnahmen vorbereiten und veranlassen.“

Feller sah eindeutig Verbesserungsbedarf: „Meiner Meinung nach ist jetzt der richtige Zeitpunkt, diese Strukturen im Land zu etablieren und diese auch mit den erforderlichen personellen Ressourcen auszustatten.“

Innenminister Reul wurden die Erkenntnisse offenbar nicht mitgeteilt

Pikant: Innenminister Reul ließ gegenüber dem Landtag diese Erkenntnisse unerwähnt. Die Abteilungsleiterin seines Ministeriums wertete Fellers Hinweise als „persönlich und vertraulich“. Ein weiterer Mitarbeiter Reuls schrieb die Mängel in der Alarmkette extra nicht in den Bericht für den Landtag, „da der bisherige Auftrag nur darauf abzielt, den Status Quo darzustellen“.

In der Opposition wird vermutet, dass das Innenministerium kurz nach der Katastrophe und noch vor der Bundestagswahl mit dem angeschlagenen Ministerpräsidenten Armin Laschet als Kanzlerkandidat der Union möglichst wenige Fehler öffentlich einräumen wollte. In der Landesregierung wird das bestritten und auf den begrenzten Aussagewert der hydrologischen Berichte verwiesen. „Herr Minister Reul ist über den Vorgang damals nicht informiert worden und hat jetzt über die Presseberichterstattung von dem Sachverhalt erfahren“, erklärte Reuls Sprecher. Der Untersuchungsausschuss des Landtags hat gerichtsähnliche Befugnisse und Zugriff auf interne Akten und E-Mail-Korrespondenz.