Düsseldorf. Wurde auf Extremwetter-Warnungen vom Land angemessen reagiert? In NRW-Landtag läuft alles auf einen Untersuchungsausschuss hinaus.

Knapp sechs Wochen nach der Hochwasser-Katastrophe in Teilen von Nordrhein-Westfalen gerät die Landesregierung weiter unter Druck. Die SPD-Landtagsfraktion drohte am Mittwoch mit einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss, der mit gerichtsähnlichen Befugnissen Akten einsehen und Zeugen einvernehmen könnte.

„Wir wollen Antworten auf die zentrale Frage: Hätten Menschenleben gerettet werden können?“, sagte SPD-Fraktionsvize Sven Wolf. Die Landesregierung müsse bis zum 6. September einen Katalog mit 45 Detailfragen zu Alarmketten und Verantwortlichkeiten im Vorfeld der Katastrophe beantworten. Wolf sprach von einer „letzten Gelegenheit“, bevor ein Untersuchungsausschuss beantragt werde. Die Grünen wollen schon jetzt das sogenannte schärfste Schwert des Parlaments ziehen. Alle Landtagsfraktionen müssten ein Interesse daran haben, das Behördenhandeln in den entscheidenden Tagen vom 12. bis 15. Juli aufzuarbeiten, so Fraktionschefin Verena Schäffer. Ohne die SPD-Stimmen gibt es jedoch keine Landtagsmehrheit für einen U-Ausschuss.

Wurden frühe Wetterwarnungen nicht richtig eingeschätzt?

Bei der Flut waren allein in NRW 49 Menschen ums Leben gekommen. Es entstand ein Sachschaden von geschätzt 13 Milliarden Euro. SPD-Mann Wolf sprach von einer „Katastrophe mit Ansage“. Die SPD-Opposition wirft der Landesregierung und den ihr unterstehenden Behörden vor, auf frühe Warnungen vor extremen Niederschlägen und großen Flutgefahren auch für kleine Bäche nicht angemessen reagiert zu haben.

Das European Flood Awareness Systems (EFA) hatte am 12. Juli die höchste Warnstufe ausgegeben. Am 13. Juli kam es zu schweren Überschwemmungen in Hagen und Umgebung, am 14. Juli in Teilen des Rheinlands. Konkret bemängeln SPD und Grüne, dass die Landesregierung damals keine landesweiten Aktivitäten entfaltet und nicht den für Großlagen vorgesehenen Krisenstab eingesetzt habe. Innenminister Herbert Reul (CDU) hat dies bereits als Versäumnis eingeräumt. Verantwortlich blieben die lokalen Krisenstäbe. Erst am Nachmittag des 14. Juli formierte sich eine Krisenkoordinierungsgruppe im Innenministerium, an der jedoch zunächst keine Hochwasser-Experten des Umweltministeriums beteiligt wurden.

"Die Landesregierung flüchtet sich in Zuständigkeitsfragen"

„Die Landesregierung flüchtet sich in Zuständigkeitsfragen“, kritisierte Wolf und verwies auf einen aktuellen Bericht von Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU). Darin wird der Deutsche Wetterdienst für unpräzise Vorhersagen in die Verantwortung genommen. Für die Übersetzung von Wetterprognosen in lokale Hochwasser-Warnungen ist allerdings  das Landesumweltamt (Lanv) zuständig. „Der Hochwasserinformationsdienst des Lanuv ist seiner Aufgabe während der Flutkatastrophe vollumfänglich nachgekommen“, heißt es in dem Bericht des Umweltministeriums. Warum die Bewohner der betroffenen Gebiete dennoch nur unzureichend gewarnt wurden, rückt nun ins Zentrum des politischen Streits.