Düsseldorf. Sieben Wochen vor Einführung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht in medizinisch-pflegerischen Betrieben sei Umsetzung völlig unklar.

Sieben Wochen vor Einführung der einrichtungsbezogenen Corona-Impfpflicht in medizinisch-pflegerischen Betrieben gibt es in den nordrhein-westfälischen Kommunen erhebliche Zweifel an Umsetzung und Kontrollierbarkeit. „Die Bundesregierung muss schnell alle offenen Fragen klären. Es kann nicht sein, dass uns in den Städten wieder ein irrer Verwaltungsaufwand auf die Füße fällt“, warnte Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen (CDU), der zugleich Vize des NRW-Städtetages ist, gegenüber unserer Redaktion. Bislang sei völlig ungeklärt, wie sich der Bund das Zusammenspiel von Arbeitgebern und Gesundheitsämtern im Umgang mit personenbezogenen Daten vorstelle und wie Beschäftigungsverbote durchgesetzt werden sollen, so Kufen.

Mit der Reform des Infektionsschutzgesetzes hat die Ampel-Koalition im Dezember beschlossen, dass ab 15. März alle Beschäftigten in Einrichtungen wie Kliniken, Pflegeheimen, Arztpraxen, Pflegedienstleistern, Rettungsdiensten oder Geburtshäusern vollständig geimpft sein müssen. Das gilt nicht nur für Beschäftigte in medizinisch-pflegerischen Berufen, sondern auch für Reinigungs- und Küchenpersonal oder Verwaltungsjobs. Wird der Impfnachweis nicht erbracht, soll der Arbeitgeber dies dem zuständigen Gesundheitsamt melden, das daraufhin ein Beschäftigungsverbot aussprechen müsste.

Trotz hoher Impfquote drohen Zehntausende Streitfälle

Trotz der vergleichsweise hohen Impfquote wartet auf die 53 Gesundheitsämter in NRW womöglich eine Bürokratie-Lawine. Allein bei der Stadt Essen wird davon ausgegangen, dass man es bei insgesamt 50.000 Beschäftigten in diesem Bereich mit 2500 bis 3000 Ungeimpften zu tun bekommen könnte. Die Zeit drängt: Nur wer bis zum 28. Januar einer Erstimpfung erhält, kann zum Geltungsbeginn der Impfpflicht vollständig geimpft sein. Unklar ist, wie die Gesundheitsämter bei Rechtsstreitigkeiten um medizinische Atteste, sozialen Härten wegen wegfallender Entgeltfortzahlung oder Versorgungsengpässen in einzelnen Pflegeheimen verfahren sollen.

Kritiker aus der Pflegebranche hatten bereits Befürchtungen geäußert, dass die Impfpflicht den Fachkräftemangel weiter verschärfen werde. Die Gesundheitsminister der Länder forderten am Wochenende von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) mehr Informationen über die konkrete Umsetzung des Gesetzes. Sie regten zudem die Prüfung eines mehrstufigen Verfahrens an, so dass vor einem Tätigkeitsverbot zunächst Bußgelder verhängt werden könnten.

Lauterbach lehnt eine Verschiebung des Starts ab

Lauterbach hat derweil eine Verschiebung des Einführungstermins abgelehnt. „Die Gesundheitsministerinnen und Gesundheitsminister sorgen dafür, dass die einrichtungsbezogene Impfpflicht im März greift und leisten damit einen entscheidenden Beitrag zur Bekämpfung der Omikron-Welle“, sagte er der „Rheinischen Post“.