Düsseldorf. Die Baubranche boomt, Friseure leiden. Das NRW-Handwerk zeichnet ein zum Teil düsteres Bild und sorgt sich um die Konjunktur.

Die Auswirkungen der Coronakrise, Lieferengpässe, teure Rohstoffe und fehlende Fachkräfte trüben die wirtschaftlichen Aussichten zahlreicher Handwerksbetriebe in NRW zum Jahresbeginn deutlich ein. „Mit großer Sorge betrachte ich, dass viele Betriebe privates Geld investieren müssen und ihnen bald die Puste ausgeht“, sagte Andreas Ehlert, Präsident des Dachverbandes Handwerk NRW, am Freitag. Zu den gefährdeten Branchen zählten die Lebensmittelhandwerke, Friseurbetriebe, Kosmetiker und Fotografen.

Neuwagen quer vors Schaufenster gestellt

In „schweres Fahrwasser“ ist laut Handwerk NRW auch das Kfz-Gewerbe geraten. Die Ursachen sind vielfältig. Im Moment stellen lange Lieferzeiten von Neuwagen die Händler vor erhebliche Probleme. „Zum Teil sind die Autohäuser leer. Manchmal werden die Autos quer vor die Schaufenster gestellt, damit es ein bisschen voller aussieht“, erklärte Ehlert.

Die Veränderungen des Kfz-Marktes, insbesondere die Umstellung auf E-Mobilität, vergrößerten die Herausforderungen für die Kfz-Branche immer mehr. „Seit Jahren gehen die Betriebszahlen bundesweit zurück“, sagte Prof. Hans Jörg Hennecke, Hauptgeschäftsführer von Handwerk NRW.

Hoffnung auf mehr Wertschätzung für die berufliche Bildung

Zwar habe das Handwerk im vergangenen Jahr insgesamt ein Umsatzplus von zwei Prozent erzielt. Diese Bilanz werde aber vor allem vom anhalten Boom der Baubranche getragen. Viele andere seien durch pandemiebedingte Einbußen tief ins Minus gerutscht. Die Zahl der Beschäftigten im Handwerk sank im Jahr 2021 in NRW um ein halbes Prozent. Hauptgrund: der anhaltende Fachkräftemangel.

Mit der Entwicklung der Zahl der Auszubildenden sind die Handwerker recht zufrieden. Von Landes- und Bundespolitik fordern sie aber eine „neue Wertschätzung“ für die berufliche Bildung. Gerade die Klimapolitik verlange mehr Fachkräfte. „Was nützen uns all die Klimanetzwerker und Umweltpädagogen, wenn es am Ende an den Handwerkern fehlt, die Heizungsanlagen erneuern oder Dächer sanieren können?“, fragte Ehlert.

Frisst die Inflation ein Umsatzplus wieder auf?

Der Verband hält im neuen Jahr Umsatzsteigerungen von bis zu vier Prozent für möglich, relativiert die gute Prognose aber gleich wieder. Denn die Inflation sorge womöglich dafür, dass unterm Strich vom Wachstum nichts übrigbleibe. Inflation, hohe Staatsverschuldung und die Niedrigzinspolitik erschwerten die Vorsorge für die Menschen. „Das ist eine gefährliche Mischung. Sie schmälert die Aussichten auf eine konjunkturelle Erholung im neuen Jahr“, betonte der Handwerker-Präsident.

Die Einführung einer Impfpflicht nannte Ehlert „erforderlich und verantwortbar“. Nur Impfungen eröffneten den Weg zurück in die Freiheit.