Essen. Im Vergleich zu anderen Ballungsräumen ist Wohnen im Ruhrgebiet immer noch bezahlbar. Defizite gibt es vor allem in drei Bereichen.

Mieten und Immobilienpreise steigen im Ruhrgebiet im Vergleich zu anderen Großstadtregionen noch immer moderat. Neu ist, das der Anstieg sich inzwischen flächendeckend vollzieht. Zudem gibt es immer weniger Sozialwohnungen. Das sind die Eckpunkte des neuen Wohnungsmarktberichtes Ruhr, den der Regionalverband Ruhr (RVR) am Mittwoch in Essen vorgestellt wurde. Die Entwicklungen Überblick.

Die Situation

Verglichen mit NRW-Städten wie Düsseldorf, Köln und Münster und erst recht mit den überhitzten Wohnungsmärkten in München, Berlin, Frankfurt und Hamburg ist das Wohnen im Ruhrgebiet in der Regel für Ottonormalverbraucher erschwinglich. Die Mietbelastungsquote liegt unter dem NRW-Schnitt. Allerdings ziehen die Miet- und Immobilienpreise auch im Ruhrgebiet inzwischen flächendeckend weiter an. Ausgeprägt ist dieser Trend vor allem in den Reviergroßstädten. Dortmund und Essen tun sich hier besonders hervor.

Die Preise

In allen Städten und Kreisen des Wohnungsmarktes Ruhr haben sich die Preise für Bestandsimmobilien über sämtliche Teilmärkten und Preissegmenten hinweg seit 2015 erhöht. Die mittleren Nettokaltmieten für Neubauwohnungen sind seit 2010 von 6,55 Euro pro Quadratmeter auf zuletzt 10,06 Euro (2020) gestiegen. Ein Stillstand dieser Entwicklung ist den Experten zufolge nicht in Sicht – obwohl längerfristig sogar wieder mit einem Bevölkerungsrückgang gerechnet wird.

Der Bestand

Im Ruhrgebiet gibt es rund 952.000 Wohngebäude, zwei Drittel davon sind Ein- und Zweifamilienhäuser. Die Mehrzahl der insgesamt 2,7 Millionen Haushalte lebt aber in Mehrfamilienhäusern.

Die Bausubstanz

Viele Häuser im Ruhrgebiet sind in die Jahre gekommen. Zwei Drittel der Gebäude sind älter als 50 Jahre, auch der Bestand von Vorkriegs- und Fachwerkhäusern ist hoch. Schwer zu erfassen sei allerdings, wie die gut die Bausubstanz der Altbauten ist, hieß es bei der Vorstellung des Berichts.

Neubauten

Seit 2017 beobachten die Wohnungsmarktexperten des RVR eine leicht zunehmende Bautätigkeit, vorwiegend bei Mehrfamilienhäusern. Die Neubauquote entspricht sogar in etwa dem errechneten Neubaubedarf von jährlich 8500 bis 11.000 Wohneinheiten. Rein nummerisch decken sich Bautätigkeit und Bestandszahlen mit der Bevölkerungsentwicklung. Das Problem: Das vorhandene Angebot entspricht nicht in allen Bereichen dem Bedarf. So fehlen Einfamilienhaus und allein 144.000 barrierearme Wohnungen. Außerdem steigt die Zahl der Single-Haushalte, die in der Tendenz immer mehr Wohnfläche erwarten.

Sozialer Wohnungsbau

Der rasante Rückgang geförderter und damit günstiger Wohnungen ist ein oft beklagtes gesamtdeutschen Problem. Auch im Ruhrgebiet fallen immer mehr Wohnungen aus der so genannten Sozialbindung, die Mieten dort werden also perspektivisch höher. Von 2009 bis 2019 ging die Zahl der Sozialwohnungen im Ruhrgebiet insgesamt um fast ein Viertel zurück, in Städten wie Dortmund (minus 37,9 Prozent) und Gelsenkirchen (32,5 Prozent) fiel der Rückgang noch deutlich höher aus.

Das sagen Experten

Stefan Siedentop, Direktor des Instituts für Landes- und Stadtentwicklungsforschung in Dortmund, sieht das Ruhrgebiet wirtschaftlich auf einen gutem Weg. Das bilde sich in der Wohnbautätigkeit aber kaum ab. „Beim Wohnungsneubau rangiert das Ruhrgebiet am Ende des Regionenrankings. Die Region braucht mehr qualitativ hochwertigen Neu- und Umbau, um konkurrenzfähig zu bleiben“, so Siedentop. Für Torsten Bölting vom Bochumer Institut für Wohnungswesen hat das Ruhrgebiet „Nachholbedarf“ im Wohnungsbestand. Wir brauchen in einer Bölting fordert eine konzertierten Aktion bei Neubau und Bestandsentwicklung in der Fläche, um das Revier wettbewerbsfähig zu erhalten.