Essen. Der französische Mutterkonzern steigt aus dem Unternehmen aus. Der Weiterbetrieb ist aber gesichert. Abellio zahlt Löhne wieder selbst.

Bei den angeschlagenen privaten Bahnbetreibern im NRW-Regionalverkehr zeichnet sich eine weitere Lösung ab. Nach der Einigung mit der Abellio Rail GmbH über eine vorläufige Fortführung der Verkehrsdienstleistungen in der vergangenen Woche steuert auch Keolis Deutschland auf einen Weiterbetrieb des Zugverkehrs in NRW zu. Das Unternehmen steht aber offenbar vor dem Verkauf.

Einigung betrifft vorerst Westfalen

Wie der Verkehrsverbund Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL) am Freitag mitteilte, habe man mit dem unter dem Markennamen Eurobahn bekannten Unternehmen eine langfristige Weiterführung im westfälischen Schienennetz vereinbart. Das Eisenbahnverkehrsunternehmen solle vertragsgemäß bis 2032 weiter das Maas-Rhein-Lippe-Netz, das Hellweg-Netz, das Teutoburger Wald-Netz und das Ostwestfalen-Lippe-Netz bedienen. Beteiligt an dieser Einigung sei auch der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR). In den VRR-Gremien steht ein entsprechender Beschluss allerdings noch aus. Keolis ist an Rhein und Ruhr seit 20 Jahren aktiv und betreibt derzeit rund 16 Regionalbahn- und Regionalexpress-Linie mit Schwerpunkt im westfälischen Landesteil. Im Ruhrgebiet fährt Keolis unter anderem mit der vielfrequentierten Linie RE 3 (Hamm-Düsseldorf) und dem RE 13 (Hamm-Venlo).

Mutterkonzern steigt aus

Gleichzeitig teilte der NWL mit, dass der französische Mutterkonzern Keolis S. A. als Gesellschafter von Keolis Deutschland zum Ende dieses Jahres ausscheidet. Das Unternehmen werde spätestens zum 1. Januar 2022 an einen neuen, „neutralen Gesellschafter“ überführt. Wer der neue Gesellschafter ist, teilte der Verband nicht mit. Nach Informationen der WAZ handelt es sich dabei um eine Interimslösung, in letzter Konsequenz geht es demnach um die Absicherung des Betriebs durch französische Staatsgelder. Keolis soll bereist seit einem Jahr auf der Suche nach einen neuen Investor sein. Der Schritt war in Branchenkreisen erwartet worden. Denn auch für die Deutschland-Tochter der französischen Staatsbahn SNCF ist das Regionalverkehrsgeschäft in NRW zur finanziellen Belastung geworden. 

Schon länger steht das Düsseldorfer Unternehmen in NRW unter Druck. 2019 spitzte sich die Lage zu, als der VRR den Vertrag mit der Eurobahn für die wichtigen S-Bahn-Linien S1 und S4 kurz vor der Übernahme kündigte. Keolis hatte die nötige Zahl an Zugführern nicht vorweisen können. Die Deutsche Bahn sprang per Notvergabe ein und betreibt die beiden Linien seither auch nach der Neuausschreibung im Frühjahr 2020 weiter.

Zuletzt stand Abellio im Fokus

Vor einer Woche hatten sich die NRW-Verkehrsverbünde mit der niederländischen Staatsbahntochter Abellio auf einen vorläufigen Weiterbetrieb der Linien bis Ende Januar geeinigt. Das in Hagen ansässige Unternehmen stand bis Ende September in einem so genannten Schutzschirmverfahren. Ziel war es, eine Insolvenz zu vermeiden.

Abellio zahlt Gehälter wieder selbst

Am Freitag kündigte Abellio an, vom vorläufigen Schutzschirmverfahren in das Hauptverfahren gewechselt zu haben. "Damit geht Abellio einen wichtigen Schritt mit Blick auf die Sanierung und die langfristig erfolgreiche Neuaufstellung", hieß es in einer Mitteilung des Unternehmens. Ziel sei es, das Sanierungsverfahren im Laufe des Frühjahrs 2022 erfolgreich zu beenden.

Mit dem Schritt übernimmt Abellio auch wieder selbst die Lohn- und Gehaltszahlungen der 3.100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Deutschland. Die Gehälter zahlte während der drei Monate des Schutzschirmverfahrens die Bundesagentur für Arbeit.