Düsseldorf. Die meisten stationären Covid-19-Patienten sind ungeimpft. Mediziner appellieren: “Jetzt die Impfung nachholen.“
Die Kliniken in NRW verfolgen die Corona-Infektionslage mit wachsender Beunruhigung. „Auch wenn die jetzigen Fallzahlen nur einen Bruchteil des dramatischen Höhepunktes der dritten Welle in April und Mai darstellen und die Kapazitäten von einer Überlastung weit entfernt sind, beobachten die Krankenhäuser in NRW die Entwicklung mit großer Sorge“, sagte der Präsident der Krankenhausgesellschaft NRW, Jochen Brink, unserer Redaktion.
Binnen eines Monats habe sich die Zahl der Patienten, die mit einer Covid-19-Infektion stationär aufgenommen werden mussten, vervierfacht.
Präsident der Krankenhausgesellschaft ruft zur Impfung auf
Die bestehenden Intensivkapazitäten würden jedoch dringend für die Behandlung vieler ernsthaft erkrankter Patienten benötigt, die im Zuge der Pandemie immer wieder verschoben wurden, so Brink. Er rief zur Impfung auf: Dass mittlerweile die meisten stationären Corona-Patienten ungeimpft sind, sei „kaum vermittelbar“.
Auch Gernot Marx, Präsident der Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi), appelliert an alle Ungeimpften, die Impfung jetzt nachzuholen. "In NRW lagen am Donnerstag 418 Covid-Patienten auf den Intensivstationen. Das sind fünf Mal so viele, wie wir sie vor exakt einem Jahr verzeichnet haben“, sagte Marx. Die Situation sei zurzeit noch zu bewältigen, „doch ist unsere Absprunghöhe in den Herbst hinein weitaus höher als im Vorjahr.“ Wie problematisch der Herbst unter diesen Vorzeichen werde, hänge massiv von der Impfquote ab.
Viele junge Patienten, viele schwere Verläufe
Die Ärztekammer Westfalen-Lippe und das Universitätsklinikum Münster (UKM) unterstrichen am Donnerstag die Bedeutung der Corona-Schutzimpfungen. Am UKM seien alle Patienten, die derzeit wegen der Folgen einer Corona-Infektion auf der Intensivstation behandelt werden, zwischen 20 und 49 Jahren alt und nicht-immunisiert. Die Verläufe seien allesamt schwer. Der westfälische Ärztekammerpräsident Hans-Albert Gehle sagte, am Anfang sei es bei den Impfungen um die Herdenimmunität gegangen. „Jetzt ist die Botschaft: Impfen schützt dich.“
Besonders verwiesen die Fachleute auf die Situation von Schwangeren. Der Leiter der UKM-Geburtshilfe, Ralf Schmitz, berichtete, dort seien unlängst zwei Kinder als extremere Frühgeburten per Kaiserschnitt auf die Welt geholt worden, weil sich der Zustand ihrer Corona-infizierten Mütter deutlich verschlechtert hatte. „Leider kann Covid-19 bei Schwangeren einen sehr schweren und sogar tödlichen Verlauf nehmen“, so Schmitz. Er warb für Impfungen von Schwangeren. Bislang gibt es dazu in Deutschland keine generelle Empfehlung.