Berlin/Düsseldorf. Ab 2026 sollen Grundschüler einen Anspruch auf eine Ganztagsbetreuung haben. Die Städte in NRW wollen die Kosten nicht tragen
Nachdem Bund und Länder die Weichen für einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in Grundschulen ab 2026 gestellt haben, sehen sich die Kommunen in NRW als Verlierer.
Der Städte- und Gemeindebund rief Bund und Länder am Dienstag dazu auf, die Kosten, die sich aus dem Ganztags-Beschluss ergeben, zu tragen. „Das Mindeste ist nun, dass Bund und Land den Ganztag auch vollständig finanzieren. Im Koalitionsvertrag hat sich die Bundesregierung ausdrücklich zum Prinzip ‘Wer bestellt, bezahlt’ bekannt. Daran werden die Kommunen das Handeln der Regierenden messen“, sagte Christof Sommer, Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes NRW, dieser Redaktion.
NRW muss Angebote für rund 200.000 Kinder schaffen
Die Kommunen müssten in NRW in fünf Jahren ein zusätzliches Angebot für voraussichtlich 200.000 Kinder schaffen und dafür Grundschulen um- oder sogar neu bauen. „Wie realistisch diese Ziele sind, bleibt abzuwarten. Schon heute fehlen tausende Erzieherinnen und Erzieher und es ist nicht absehbar, wie die Lücke geschlossen werden soll“, so Sommer. Ähnlich kritisch äußerte sich Martin Klein vom Landkreistag NRW: „Der Beschluss gleicht einem Vertrag zu Lasten der Kommunen.“
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Die Träger des Offenen Ganztages (OGS) begrüßten hingegen die Einigung „in letzter Minute“. „Das könnte eine wesentliche Verbesserung der Bildungs- und Entwicklungschancen auch für benachteiligte Kinder werden“, sagte Frank Johannes Hensel, Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrtspflege NRW.
Träger: Qualität muss ausgebaut werden
OGS-Fachfrau Helga Siemens-Weibring ergänzte, mit dem Rechtsanspruch müsse nun auch die Qualität der OGS-Angebote landesweit auf einen Stand gebracht werden. Nötig seien einheitliche Vorgaben zu Räumen und Personal. „Wir dürfen uns nicht darauf ausruhen, dass wir in NRW beim OGS-Ausbau bereits weit vorangeschritten sind. Es ist deshalb absolut richtig, dass Finanzhilfen nicht nur für weitere Plätze, sondern auch in die bestehenden Angebote investiert werden sollen“, so die Sozialpolitik-Beauftrage des Diakonischen Werks Rheinland-Westfalen-Lippe.“ Mitglieder der Freien Wohlfahrt NRW betreiben rund 80 Prozent der OGS in NRW.
Der Landesvorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE), Stefan Behlau, sagte: „Gut, dass sich Bund und Länder im letzten Moment geeinigt haben. Doch das ist nur der Startschuss für die eigentliche Arbeit. Mehr Ganztag geht nicht ohne mehr Fachpersonal. Da muss auch NRW reagieren.“ Die Schulen litten schon massiv unter Personalmangel.
NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) stellte die Weiterentwicklung der OGS in Aussicht: „Gerade Familie mit jüngeren Kindern brauchen ein verlässliches Bildungs- und Betreuungsangebot auch am Nachmittag.“