Düsseldorf/Berlin. SPD und Union wollen eine Auskunftspflicht von Beschäftigten in Kitas, Schulen und Heimen zum Corona-Impfstatus schaffen. In NRW gibt es Kritik

Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber von Beschäftigten in Kitas, Schulen und Pflegeheimen sollen künftig Auskunft über eine Corona-Impfung oder eine überstandene Covid-Erkrankung verlangen können. Darauf hat sich die große Koalition im Bund geeinigt. Gegen diese Pläne regt sich in NRW Widerstand unter Lehrkräften sowie Erzieherinnen und Erziehern.

Sowohl der Verband Bildung und Erziehung (VBE) als auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in NRW fragen nach dem Sinn des Vorstoßes. „Was will man damit erreichen“, sagte VBE-Landeschef Stefan Behlau dieser Redaktion. „Wir stehen fassungslos vor solchen Entscheidungen. Bund und Länder haben es bisher nicht einmal geschafft, einheitliche Quarantäneregeln für Schulen zu verabreden“, zürnt der Gewerkschafter.

GEW-Landeschefin Ayla Çelik spricht von einer „Scheindebatte, die von Versäumnissen beim Infektionsschutz ablenken soll“. Es sei unklar, welche Konsequenzen sich aus der Abfrage über eine Corona-Impfung ergeben. Harald Willert, Chef der Schulleitungsvereinigung NRW, sieht es genauso: „Was nützt die Information über den Impfstatus, wenn man nicht weiß, wozu man sie gebrauchen kann? Das ist Aktionismus.“

Spahn zieht Vergleich zu Klinik-Personal: Impfstatus aus „gutem Grund“ bekannt

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) begründet die Initiative damit, dass Arbeitgeber in Kliniken „aus gutem Grund“ Beschäftigte mit Patientenkontakt fragen dürften, ob sie gegen Infektionskrankheiten geimpft seien. „Wir wollen in dieser Pandemie dieses Auskunftsrecht auch auf andere Bereiche ausdehnen“, so der Minister. Es gehe um besonders sensible Bereiche wie Altenpflege und Kinderbetreuung.

Spahn sagte dem „Spiegel“: „Wie wollen Sie einem Angehörigen erklären, dass die Mutter an Covid gestorben ist, weil der Pfleger nicht geimpft war?“ Im Ruhrgebiet sprechen Altenpflege-Trägerallerdings von einer hohen Impfbereitschaft des Personals. Der Impfstatus der Beschäftigten sei faktisch vielfach bereits bekannt.

Kita-Träger sieht Chance, um Druck auf Ungeimpfte zu erhöhen

In der Kita-Landschaft wird das Thema unterschiedlich diskutiert. Heinz-Josef Kessmann, Diözesancaritasdirektor in Münster und Kita-Experte bei der Freien Wohlfahrtspflege NRW, hält ein Fragerecht der Arbeitgeberseite für hilfreich. „So können wir gezielter auf Beschäftigte zugehen und aufs Impfen ansprechen.“ Er erwartet durchaus Folgen gerade für ungeimpfte Ergänzungskräfte, die je nach Träger künftig anders eingesetzt werden könnten. Ungeimpfte Fachkräfte dürften indes wegen des Erzieher-Mangels wenig Konsequenzen erwarten.

Mitarbeitende sprechen daher von Symbolpolitik und betonen, dass es in den Einrichtungen schon einen hohen Bekanntheitsgrad zum Impfstatus gebe und die Impfbereitschaft hoch gewesen sei.

Eltern: In der Praxis ist Impfstatus vor Ort bekannt

Elternvertreter begrüßen den Vorstoß. Es sei wichtig, dass Arbeitgeber den Impfstatus der Kita-Beschäftigten kenne, sagte Daniela Heimann vom Landeselternbeirat der Kitas. „In der Praxis ist das im Personalstamm aber auch bekannt.“ Ein Informationsrecht der Eltern sollte es nicht geben: „Als Elternvertreterin würde ich es ablehnen, solche sensiblen Daten transparent zu machen.“

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