Düsseldorf. Hat der Informationsfluss in der Krise funktioniert? Das Land soll nun den Umgang mit wasserwissenschaftlichen Lagebildern erklären.

Fünf Wochen nach der Hochwasser-Katastrophe in Teilen von Nordrhein-Westfalen mit insgesamt 49 Todesopfern ist eine Debatte über Reaktionszeiten und Informationsfluss der Landesregierung in den Krisenstunden entbrannt.

NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) erklärte bei einer ersten Zwischenbilanz zum Behördenhandeln am Montag in Düsseldorf, sie habe bereits in der Nacht vom 13. auf den 14. Juli mit Staatskanzlei-Chef Nathanael Liminski (CDU) die Lage erörtert. Am 13. Juli war es in Hagen zu ersten Überflutungen gekommen, am 14. Juli folgten die noch schwereren Verwüstungen im Rheinland. Bei ihrem Austausch mit der Regierungszentrale will Heinen-Esser auch die sogenannten hydrologischen Lagebilder ihrer Experten aus dem Landesumweltamt (Lanuv) übermittelt haben. In diesen wasserwissenschaftlichen Untersuchungen wurden bereits erhebliche Überflutungen prognostiziert.

Gab es ein Telefonat mit Laschet oder nicht?

Eine frühere Aussage Heinen-Essers, sie habe damals auch mit Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) persönlich über die sich zuspitzende Lage gesprochen, lässt sich laut Umweltministerium wegen fehlender Verbindungsdaten nicht mehr rekonstruieren. Was die Staatskanzlei nach der ersten Erörterung mit Heinen-Esser und der Durchsicht der hydrologischen Lagebilder veranlasste, blieb zunächst unklar. Der Krisenstab des Landes wurde jedenfalls nicht einberufen.

Innenminister Herbert Reul (CDU) erklärte am Montag, er habe am 14. Juli gemeinsam mit Laschet entschieden, diesen nicht einzuberufen: „Es gab zwischen uns Einverständnis, dass wir es nicht machen.“ Hintergrund der Entscheidung war das bereits angelaufene Krisenmanagement der örtlich zuständigen Behörden. Reul und Laschet beließen es beim „kleinen Krisenstab“ auf Landesebene, einer Koordinierungsgruppe im Innenministerium.

SPD spricht vom "Märchen der Unvorhersehbarkeit"

Dort seien allerdings erst am 15. Juli, also einen Tag nach der schlimmsten Flut, die Experten des Umweltministeriums einbezogen worden, räumten Reul und Heinen-Esser ein. Insgesamt müsse die Verzahnung von Katastrophenschutz und wasserwissenschaftlichen Prognosen verbessert werden, kündigten beide Minister an.

Die Opposition im Landtag übte scharfe Kritik an den jetzt bekannt gewordenen Abläufen. „Die Landesregierung muss sich auch weiterhin fragen lassen, was sie in dem Zeitraum vor dem 14. Juli mit den ihr vorliegenden Informationen gemacht hat“, sagte SPD-Umweltexperte André Stinka. Er sieht „das Märchen von der Unvorhersehbarkeit“ der Hochwasser-Katastrophe klar widerlegt. Grünen-Fraktionschefin Verena Schäffer sprach von einem Versagen der Landesregierung: „Innen- und Umweltministerium hätten die Hochwassergefahr erkennen müssen und Kommunen und Bevölkerung entsprechend warnen müssen.“